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Bickell, Ludwig [Hrsg.]
Die Bau- und Kunstdenkmäler im Regierungsbezirk Cassel (Band 1): Kreis Gelnhausen: Textband — Marburg, 1901

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https://doi.org/10.11588/diglit.13326#0013

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Vorwort.

VII

welche freilich auf den ersten Blick hoffnungslos räthselhaft erscheinen, jedoch gestützt auf eigene Vermessungen
der noch vorhandenen Reste es dem Verfasser ermöglichten, völlig zuverlässige Hisse und Querschnitte von St.
Peter und dem heil. Kren/, zu.geben.

Ebenso werthvoll sind die prächtigen Federzeichnungen, welche in dem Nachlass des Oberbaudirektor
Kahl, des Herausgebers und Hadders der mittelalterlichen Bauwerke in Gelnhausen (1831), sich fanden, und
von einem Verwandten desselben, Herrn General von Bauer zu Cassel, gütigst zur Verfügung gestellt wurden.
Audi einige Tafeln des selten gewordenen Werkes von l!uhl wurden reproducirt.

Daneben w urde das gedruckte Material ausgiebig benutzt, wie ein summarisches Verzeichniss am Sehluss
des Vorwortes zeigt. Von einer Aufzählung aller einzelnen Abschnitte über Geinhäuser Bauten, welche in
kunstgeschichtlichen Handbüchern enthalten sind, wurde jedoeh abgesehen, da keiner derselben auf eigener
Anschauung beruhende eingehende Untersuchungen oder auch selbständiges Bildmaterial enthält, was so weit
geht, dass von der Kaiserpfalz bis in die jüngste Zeit gänzlich falsche Grundrisse mit 2 Bergfriten anstandslos
cursirten.

Ebenso hat der Verfasser sich die dankbare Aufgabe versagt, die allgemeine baugeschichtliche Stellung
der Häuptbaüten zu Gelnhausen durch Vergleiche mit andern Iiier zu erörtern, da dies seiner Ansicht nach
der Kunstgeschichte überlassen bleiben muss. Zu seiner Information sind solche Vergleiche selbstverständlich
von ihm angestellt worden ').

Ueberblickt man die Baudenkmäler des Kreises an der Hand des lnventares, in welchem die
prähistorischen und römischen bestimmungsgemäss unberücksichtigt blieben, so ergiebt sich zunächst, dass die
weltbekannten kirchlichen wie profanen Prachtbauten der alten Reichsstadt Gelnhausen zugleich die ältesten
sind, und einer kurzen Bitithezeit um die Wende des 13. Jahrhunderts ihre Entstehung verdanken. Die Stein-
metzenkunst der späteren Jahrhunderte des Mittelalters konnte denselben nur bescheidene Kloster- und Capellen-
hagen zufügen, und auch die dort angesessenen angesehenen Familien müssen sich lange mit den Steinhaufen
der altern Zeiten begnügt haben, da Reste solcher bis auf unsere Tage sich erhalten haben und hier zum
erstenmal publicirt werden, während gleichzeitig nur ein monumentaler Adelssitz des 15. Jahrhunderts, der
Breiteiibacherhof, nachweisbar ist. Verschiedene sculpirte Fragmente, deren schönste hier ebenfalls publicirt
werden, weisen auf solche verschwundene romanische Profanbauten hin. Von den Kreisorten ist nur der Thurm
zu Niedermittlau hoch romanisch. Die Kirche zu Altenhasslau gehört dem Uebergangsstyl und der Kern
der zu Kempfenbrunn der gleichen Zeit an. Aus dem spätem 14. Jahrhundert stammt der Kern der Kirche
zu Wächtersbach, zu Kirchbracht, und dem Ende desselben der Chor zu Orb, während das Schill'
desselben malerischen hochinteressanten Baues erst um 1445 52 entstanden ist. Auch die wenigen übrigen
mittelalterlichen Kirchen gehören dem 15. Jahrhunderl an. Udenhain ist um 1445. Sehlierbach 1460,
Wolferborn 1480 zu setzen, und haben diese allein auch gewölbte Chöre, während in dem erst um 1480
entstandenen Aufenau die Gewölbe neuerdings ersl zerstört sind. Andere Kirchen des 15. Jahrhunderts wie Orb,
Wirtheim, Eidengesäss waren nie gewölbt. Anderwärts so zu Gönsroth, Lohrhaupten hat sich nur ein
Thurm des 15. Jahrhunderts erhalten. Mehrfach ist der Thurm zugleich als Chor verwendet wie zu Wolfer-
born, Lohrhaupten, Kirchbracht, an andern Orten ist das Untergeschoss als offene Durchgangshalle
ausgebildet wie zu Aufenau und \\ ächtersbach. Das 16. Jahrhundert hat keine kirchlichen Bauten hinter-
lassen, nachdem die Schlosscapelle zu Hirstein und die Stadtkirche daselbst umgebaut, die Berg-
kirche modernisirt ist. Aus dem Jahre 1660 rührt die Kirche zu Mernes lief und das 18. Jahrhundert hat
das isenburgische und hanauische Gebiet fast durchweg mit nüchternen aber praktischen und bequemen Saal-
kirchen beglückt, deren interessanteste auch durch eine reiche Ausstattung bemerkenswertbe Beispiele, die
zu Lohrhaupten und Unterreichenbach sind.

Unter den kirchliche« Ausstattungsstücken hat der reforinirende bilderstürmende Eifer der
genannten Territorialherrn alles papistische Bildwerk und Geräth aus Edelmetall so gründlich ausgemerzt, dass
nur in der Stadt Gelnhausen und in den mainzisch resp. katholisch gebliebenen Orten Orb und Aufenau
sich bemerk enswerthe Altai* werke erhalten haben. Auch zu Flörsbach hatten sich Trümmer eines 'Schnitz-
altares auf dem Kirchboden wenigstens erhalten, und sind in die Sammlung des hessischen Geschichtsvereihs
dahier gelangt.

') Hin Klick in das Praclitwerk von Liitlimer ergiebt schon eine ganze Reihe von Verwandtschaften, zu denen besonders
ancli der Chor von Seligenstadt zu rechnen wäre.
 
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