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Siebern, Heinrich [Hrsg.]; Brunner, Hugo [Hrsg.]
Die Bau- und Kunstdenkmäler im Regierungsbezirk Cassel (Band 3): Kreis Grafschaft Schaumburg: Textband — Marburg, 1907

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https://doi.org/10.11588/diglit.15582#0099
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Fischbeck.

Fischbeck, zum Amtsgericht Oldendorf gehörig, ist Kirchdorf mit 921 Einwohnern. Seinen, keiner Geschichte,
besondern Deutung bedürftigen Namen verdankt es dem Bache, der es durchfließt — jetzt der Nähren-
bach geheißen — und der wohl auch Anregung zur Bildung jener Sage gegeben hat, die den Ursprung
des Klosters daraus zu erklären versucht (Lyncker, Deutsche Sagen und Sitten in hess. Gauen, Cassel 1854
S. 194). Aus einer Urkunde König Arnulfs von 892 (Wipperm., Reg. 1, S. 1) erfahren wir, daß Fischbeck im
Gau Algidae (wohl verschrieben für Tilgide oder Tilithi) gelegen ist, und die von Arnulf hier verschenkten
Hufen lassen, da sie Königshufen von 60 Morgen sind, darauf schließen, daß der Ort z. T. Königsgut war.
Auch die Nähe einer alten Befestigung auf dem sog. Knick, wo man noch heutigentags Spuren einer Art von
gemauerten großen Wassergraben und anderes Mauerwerk in der Erde findet (Hyneck, S. 10), dürfte für
jene Annahme in Betracht zu ziehen sein. Vor allem wird dieses dadurch bestätigt, daß König Otto I. am
10. Januar 954 ein praedium mit 6 Hufen in Viscbike der Matrone Helemburhc schenkt, um damit das
von ihr geplante Nonnenkloster auszustatten. Hiermit und mit der königlichen Bestätigung, daß die Stiftung
unmittelbar der Schirmvogtei des Königs selbst unterstellt sein solle, ist das zweite Kloster im Gebiete des
Kreises Grafschaft Schaumburg begründet, das heute noch als evangelisches Fräuleinstift blüht. Wie wir
aus der betr. Urkunde ferner erfahren (Wipperm., Reg. 3, S. 2), hatte Helemburhc das Kloster zum Heil der
Seelen ihres Gatten Ricperht und ihrer Söhne Richard und Aelfdehc gestiftet. Schutzpatron des Klosters
war Johannes der Täufer. Die Jungfrauen, welche anfangs nach der Regel Benedikts gelebt hatten, gingen
später zur freien Augustinerregel über, welche ihnen den Austritt und die Verheiratung erlaubte. Fischbeck
war also ein weltliches Kanonikat bereits lange vor der Reformation.

Um die Mitte des 12. Jahrhunderts scheint die Klosterzucht in Fischbeck sehr in Verfall geraten
zu sein. Wenigstens mußten die allgemeinen Klagen über das liederliche Leben der Klosterjungfrauen den
Grund hergeben, daß König Konrad III. 1147 die beiden Stifter Fischbeck und Kemnade dem Abt von Corvey
unterstellte. Eine von letzterem dem Kaiser gezahlte erhebliche Geldsumme läßt freilich das Vorgehen des
Reichsoberhauptes, wodurch das Kloster seiner Reichsunmittelbarkeit entkleidet werden sollte, in einem nicht
ganz reinen Lichte erscheinen. Beide Stifter appellierten an den Papst, mit dem Erfolg daß, während es
bezüglich des Klosters Kemnade sein Bewenden behielt, bezüglich Fischbecks die päpstliche Bestätigung des
Vorgehens nicht zu erreichen war. Der Bischof von Minden griff vielmehr ein, indem er den Mönchen des
Prämonstratenserklosters Kappenberg den Auftrag erteilte, Ordnung im Kloster zu schaffen, eine Eigen-
mächtigkeit, die dem Kaiser offenbar nicht lieb war und dem Bischof eine Auflage zur Rechtfertigung eintrug
(Wipperm., Bukkigau, S. 360 f.). Aber auch Papst Hadrian IV. nahm 1157 unser Stift in seinen Schutz mit der
ausdrücklichen Bemerkung „ut ipsum monasterium nulli omnino persone in beneficium concedatur, sed Semper
sub protectione romanorum pontificum atque imperatorum vel regum defensione permaneat; prohibemus autem,
ut in eodem monasterio nulli episcoporum preter romanum pontificem liceat quamlibet jurisdictionem habere"
(Wipperm., Reg. 28 -46, S. 16—25. Hyneck, S. 28 ff.). So wird das Fischbecker Kloster noch 1347 als
monasterium ad romanam ecclesiam nullo medio pertinens bezeichnet (ib. 352, S. 161).

Der drohende Verlust der Selbständigkeit scheint auf das Leben der Konventualinnen eine
günstige Rückwirkung gehabt zu haben, wenn auch den Fabeleien Paullins, des Geschichtsschreibers
dieses Klosters, wenig Glauben zu schenken ist. Aber soviel dürfte feststehen, daß es im 14. Jahr-
hundert den Mindener Bischöfen, vermutlich unter Berufung auf ihr bereits früher betätigtes Eingreifen,
gelang, das Stift ihrer geistlichen Oberaufsicht zu unterwerfen (Hyneck, S. 44 u. 62 f.). Auf Grund

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Bau- und Kuiistdcukniäler im Reg.-Bez. Cassel. III. Kr. Grafschaft Scliaumburg;. 6
 
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