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Böttiger, Carl August; Sillig, Julius [Hrsg.]
C. A. Böttiger's kleine Schriften archäologischen und antiquarischen Inhalts (Band 1) — Dresden, Leipzig, 1837

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https://doi.org/10.11588/diglit.5484#0220

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endemisch unter einem Volke gewesen sein müsse, das so viel mit
Wölfen zu kämpfen und zu schaffen haben miifste *); so liefse
sieh vielleicht auch die Geschichte des Lykaon und des Menschen-
opfers , um dessentwillen er und seine Söhne in Wölfe verwandelt
worden sein sollten, ganz natürlich auf folgende Weise erklären.
Die Unglücklichen, die von diesem Wahnsinn ergriffen wurden
und ia diesem Zustande gewifs viel Unheil unter ihrer Familie und
Nachbarschaft anrichteten**), konnten nach den Vorstellungen
des Alterthiims nicht anders von diesem Zorngerichte der Götter
gelöset werden als durch wirksame Sühnopfer und Lustrationcn,
Man gab also den einheimischen Nntionalgotlheilen, Zeus und
Pan, eine besondere dahin abzielende Benennung- von den Wöl-
fen, man nannte sie Aviialov;, die Wolfsgötter***), und
opferte ihnen das wirksamste Sühnopfer, das das rohe Alterlhiim
in solchen Fällen nur darbringen konnte, einen unschuldigen Kna-
ben. Den Stifter und Opferpriesler dieser grausamen, aber im
Alterthum wenig- befremdenden Sühnungsfeier nennen die allen
Volkswagen Lykaon. Es ist merkwürdig-, dafs Pansanias,
der diese Sagen auf's Sorgfältigste gesammelt hat f), von diesem
Lyk-aon ausdrücklich Folgendes berichtet: „Lykaon, der Sohn
Pelasgus, erbaute die Sladt Lykosura auf dem Berge Ly-
käos und gab dem Zeus, selbst den Beinamen Lykiios, dem
er auch heilige Spiele, die Lykäa, stiftete. Er brachte auf dem
Altar dieses Zeus ein Kind dar, opferte es und gofs sein Blut
als Libation auf dem Altar aus. Darum soll er nun seihst ein
Wolf geworden sein." So weit der griechische Reisebesehreiber

*) Man erinnere sich hierbei nur, wie wichtig und fabelreich der
Wolf allen uncultivirten Hirtenvölkern gewesen ist, und welche
Rolle er in der Fabel Aesop's so gut, als in der grofsen Tliier-
epopöe des Heinrich von Alkin ar, in den Bukoliken der Grie-
chen und Reiner sowohl, als in den Sielankis der Polen, in den
ersischen Volksliedern und in der nordischen Edda spielt.

**) Ich erinnere hier zum Uebernufs nur an das alte, bekannte fran-
zösische Buch:' la bete bigoarne, mii avait la galipode, das auch
unter dem Namen: Historie der seltsamen Einbildun-
gen des Herrn Oufle, eine erbauliche Sonntagslectüre unse-
rer Grofsväter war. Es liegt dabei eine wahre Geschichte eines
Lykanthropen in Frankreich zum Grunde.

***) So gab es auch einen Apollo Xuy.alos und Xukohtovu;. S,
Bei-gl er zum Alciphron I. 26. p. 109. f. Die Hauptstelle über
den Jupiter Auk«7o; ist beim Pansanias VIII, 38, p. 678, f.
Vergl. Spanheim zum Callimachus S. 31. ed, Ernest.
f) VIII, 2, p. 600.
 
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