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Böttiger, Carl August; Sillig, Julius [Hrsg.]
C. A. Böttiger's kleine Schriften archäologischen und antiquarischen Inhalts (Band 1) — Dresden, Leipzig, 1837

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https://doi.org/10.11588/diglit.5484#0223

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Rohheit der Arrailier tiheiein. Ich hoffe also, keinesweges einen
zu voreiligen Schlufs zu niachcii, wenn ich behaupte, ,'dafs diese
römischen Lupercalih ein den arcadischen Au-/.«i'oi? illmliclics Siihii-
tjngsfost im Monat der Süh'nnngeu und Liistratioucn (Fcbrnaiiiis
von i'ebruare, sühnen) ankündigen und also ursprünglich durch die
endemische Krankheit der Arcadier, die Lykanthropie, veraulafst
worden waren *); eine Abstammung, die der gelehrte römische
Polyhistor Varro selbst andeutete, wenn er nach der schon oben
angefühlten Aussage des Kirchenvaters Anglist in behauptete,
die Lnperci der Römer wären" ans jenen arcadischen geheimen Ce-
remonicen entsprossen (Lnpcrcos ex illorum mysteriormn velut se-
miue exortos).

. Sowohl in Rücksicht auf den ideellen Wahnsinn , von dessen
ältesten Spuren bei den Griechen bisher die Rede gewesen ist,
als in Betracht der Sühnungen und heiligen Reinigungen , • durch
welche das natürlichste Heilmittel wenigstens das Ansehen einer
übernatürlichen Wirkung erhielt, verdient die Geschichte der
argivischen Frauen hier eine Erwähnung, die sich einst einbil-
deten, in Kühe verwandelt zu sein, auf den Aeckeru herumliefen,
sich wie Kühe gebürdeten und brüllten und endlich von dem pro-
phetischen Wunderdoctor und Thaiimafurgen Melampus nach

*) Die gelehrteste Untersuchung über dieses uralte , über Roms Er-
bauung hinausgehende Fest linden wir heim Plutarch in Ro-
mulo c. 21. T, I. p, 70. sq. ed. Hütten. Als Reinigungsfest,
v.uSÜihjwv , fiel es in den Süliiimonat oder Februar. Darin kom-
men Alle überein. Auffallend ist es aber, dals die griechischen
Aerzte, deren Zengnifs ich gleich anfänglich angeführt habe, die
periodische Rückkehr der Lykanthropie gerade in den Februar
setzen. Beim Ziegenopfer der Panspriester auf dem Palatinischen
Beige wurde zweien patricischen Jünglingen, die dabei gegenwär-
tig sein mufsten, Opferblut an die Stirn gestrichen und dann mit
Milch wieder abgewischt. Diese symbolische Handlung, deren
DeutungPlu tarch selbst Suji-oTracrrov (schwer zu errathen) nennt,
bezog sich offenbar auf das alte Menschenopfer in Arcädien, an
dessen Statt nun Mos zwei Knaben mit dem Opferblute bestri-
che n wurden. So bedeuteten bei einer andern Art von Men-
schenopfer die Oscilla die zu opfernden Menschen, Macro Mus
I, 7, p. 154. ed. Gronov. Die Nacktheit und Fellbekleidung der
Lupercen deutet auf die Rohheit des Zeitalters, wto dieses Opfer
erdacht wurde. Selbst das tolle Herumspringen dieser heiligen
Brüderschaft könnte auf eine Kur der Lykanthropie bezogen wer-
den, wiewohl,diefs sowohl, als das Hauen mit der Ziegenfell-
Peitsche (amiculo Iunpnis, Fest. s. v. Februarius p. 145, ed. Da-
tier.) inir nur ein altrömischer Zusatz zu diesem arcadischen
Feste zu sein scheint.
 
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