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Böttiger, Carl August; Sillig, Julius [Hrsg.]
C. A. Böttiger's kleine Schriften archäologischen und antiquarischen Inhalts (Band 1) — Dresden, Leipzig, 1837

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https://doi.org/10.11588/diglit.5484#0409

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aucli an und für sich war, dennoch nicht ganz spurlos vorübergegangen
ist, nun selbst ein ürtheil bilden zu können. Docli nun zur Sache.

Götlie erzählt in seinen Tag- und Jahresheften (AVerke 31. S. 122.
der Taschenausgabe) v. J. 1802. Folgendes: „Nun halten die Gebrüder
Schlegel die Gegenpartei am tiefsten beleidigt, deshalb trat schon am
Vorstellungsabend Ion's, dessen Verfasser kein Gcheimnifs geblieben war,
ein Oppositionsversuch unbescheiden hervor; in den Zwischenacten flü-
sterte man von allerlei Tadelnswürdigem , wozu denn die freilich etwas
bedenkliche Stellung der Mutter erwünschten Anlafs gab. Ein sowohl
den Autor als die Intendanz angreifender Aufsatz war in das Mode-
journal projectirt, aber ernst und kräftig zurückgewiesen; denn es war
noch nicht Grundsatz, dafs in demselbigen Staate, in derselbigen Stadt
es irgend einem Gliede erlaubt sei, das zu zerstören, was Andere kurz
vorher aufgebaut hatten."

Zu diesen Worten bildet nun folgende Stelle aus einem Briefe von
Caroline v. Herder in Knebefs literarischem Nachlasse (Briefwechsel
Band 2. S. 328.} gewissermafsen den Commentar, nnd ich lasse jenen
diese folgen, damit die Leser wegen einer solchen Kleinigkeit nicht erst
in ihre Bibliothek zu gehen nöthig haben. Die Gattin Herder's schreibt:
„Denken Sie! Böttiger schreibt im Modejournal eine Kritik über
den Ion, wobei er unvermeidlich Wahrheiten sagen mufste; — als der
Bogen gesetzt war, forderte ihn Göthe von Bertuch , und nachdem er
ihn erhalten, schrieb er an Bertuch: wenn er diese Kritik über Ion nicht
augenblicklich unterdrücke, so ginge er sogleich zum Herzoge und fordere
seine Dimission als Director des Theaters. Aucli wolle er künftig die
Theater-Nachrichten in das Modejournal selbst liefern und im näch-
sten Stücke mit dem Ion den Anfang machen.

Sehen Sie, so steht es mit unserer Theater-Wahrheit!
Diefs Alles aber ist ein grofses Geheimnifs, das indessen schon
von Ohr zu Ohr sachte herumgeht. Böttiger hat den Bogen als den
einzigen Abdruck gerettet — er wird ihn gewifs für Sie geben, wenn
Sie ihn sehen mögen!"

Als nnn der Herausgeber bald nach Böttiger's Tode die Massen be-
schriebenen und bedruckten Papiers, die sich in seinem Nachlasse'vor-
fanden , Blatt für Blatt durch seine Hände gehen liefs, fand er unter
einer Unzahl von einzelnen Artikeln aus dem Modejournal auch einen Bo-
gen, bei dessen Anblick er sich zu guter Stunde jener Worte Göthe's und
der Frau v. Herder erinnerte. Durch einen Zufall sah er jenes unicum
in seinen Händen, und glaubte es jetzt nicht vorenthalten zu dürfen
schon deswegen, damit die darüber bereits bekannt gewordenen Aeufser-
ungen ihre volle Erklärung erhielten. Für die Vergegenwärtigung von
Böttiger's Leben in Weimar ist der Aufsatz ohnediefs nicht ohne Wich-
tigkeit, und verdient demnach wohl diese bescheidene Stelle unter sei-
nen Schriften.

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