Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Böttiger, Carl August; Sillig, Julius [Editor]
C. A. Böttiger's kleine Schriften archäologischen und antiquarischen Inhalts (Band 1) — Dresden, Leipzig, 1837

DOI Page / Citation link: 
https://doi.org/10.11588/diglit.5484#0441

DWork-Logo
Overview
loading ...
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
371

Prachtwerke durch einen vielleicht mir za zierlichen Kupferstich
bekannt gemacht wurde *).

Der erste Blick darauf sagt jedem Beschauer, dafs der Trä-
ger Hercules, der Getragene Jupiter sei. Wo aber in aller Welt
kommt hier der muskelfeste Ungcheuerbändiger zu der sonderbaren
Aeneas-Rolle, seinen Vater aufzubocken und nicht ohne sichtbare
Anstrengung davonzutragen'? Nimmt man die Frage ernsthaft und
befragt man nun selbst wieder die noch vorhandenen mythologischen
Orakel vom alten Boccaccio und Nafal de Comte oder Giraldo an
bis auf die neueste Fundgrube; die nus Grub er in seinem my-
thologischen Wörterbnche eröffnete, so wird der Zweifelsknolen im-
mer verwickelter. Mau wird mit Miliin ganz ehrlich eingestehen
Missen : „der" Mythos, worauf angespielt wird, blieb uns unglück-
licherweise verborgen. Wie pikant wäre es um der Sonderbarkeit
der Vorstellung willen, etwas mehr davon zu wissen ! "

Aber was der Zahn nicht aufheifst, bricht der Nufsknacker,
sagt der lachende Neapolitaner, indem er an einer Gasseuecke die
lang gedehnten Mäcaronis hinabschlingt. Wo Glimpf nicht hilft,
gilt Schimpf, sagten unsere Vorfahren. Vielleicht gelingt es mit
der scherzhaften Deutung, da uns die ernsthafte eine so sauere
Miene macht. Wie nun, wenn es eine Welle, eine Ansfordernng
gälte, die Hercules im kecken Vollgefühl seiner Muskelkraft hier
übernommen hätte? Man war durch die safyrischen Dramen auf
der griechischen Bühne schon früh daran gewohnt worden **), den
böotischen Hercules mit seinem gediegenen, überall mil Fleisch-
inasscn ausgepolsterten Athletenkörper und mit der unersättlichen
Efslust, die solchen Knochen und Muskeln den Nahrungssaft zu-
führte, als eine Art von lombardischem Trufaldiho oder altengli-
schem Clown in bäurischer Maske zu sehen, und ihn als solchen
auch als Spafsmachcr im grofsen Divan der Olympischen Götter
belachen zu lassen. Die Alexandrinischen Dichter benutzten die-
sen Stoff und liefsen es in ihrer Art nicht an Lazzi und Concetti
fehlen, um den Hercules bei den Göllerinahlen und Conversationen
im Olymp seine spafshafte Rolle fortspielen zu lassen. Statt meh-
rerer Beweise darf man sich hier nur an die bekannte Stelle in
dem Hyinnos des Cnllimachos auf die Diana berufen. Die fleifsige
Jäo-erin, sagt der Dichter, liefert für die himmlische Küche man-
chen schönen Braten von Schwarz- und Rothwildpret ab, wel-
ches sie mit eigenen Händen erlegte. Wenn sie in den Vorliof
einfährt, eilen ihr die übrigen Götter entgegen, um ihr bei'm
Absteigen und Abpacken Hilfe zu leisten. Das Wiklprel hob

*) Peintnres des vases antiques. T. II. pl. X.

**) S. Visconti zum Pio-Clementino T. II, l, 54. Heyne zum
Apollodor p, 134, Neue Ausg.

24*
 
Annotationen