Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Vereinigung zur Erhaltung Deutscher Burgen [Hrsg.]
Der Burgwart: Mitteilungsbl. d. Deutschen Burgenvereinigung e.V. zum Schutze Historischer Wehrbauten, Schlösser und Wohnbauten — 32.1931

DOI Artikel:
Tucholski, Friedrich: Die Wappen des Schlosses Hartenfels in Torgau
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.35021#0022
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
20

Es folgt das letzte Paar Nr. 8. Das Wappen 8s) ist das des Herzogs Bogislaw IX. von Pommern. Er entstammt
der gleichen Familie wie der bei 7 a) genannte Wratislaw IX. und war der letzte seiner Linie. Er hinterließ nur eine
Tochter. Das Wappen ist ebenso wie das zu 7a) geviertet. Das erste Feld enthält in Rot den silbernen Fischgreif
von Usedom oder Schlawe an Stelle des schwarzen Greifs von Wolgast. Die übrigen drei Felder sind ebenso wie
bei 7 a). Die Helmzier besteht aus einem Pfauenstoß. Der Helm trägt statt der Krone eine gewundene Wulst. Die
Gemahlin Bogislaws IX. von Pommern war Maria von Masovien, deren Wappen nun als letztes (8b) stehen mtißte.
Die Wappengalerie zeigt hier aber merkwürdigerweise ein anscheinend ganz fremdes Wappen, nämlich das von
Ungarn-Anjou. Der Schild ist geviertet. Zwei Felder sind achtmal geteilt von Silber und Rot (Ungarn), zwei Felder
zeigen auf blauein Grunde verstreut die goldenen Bourbonenlilien (Anjou). Der gekrönte Helm trägt einen Greifen-
kopf zwischen zwei Straußenfedern. Hier liegt offenbar ein Irrtum des kursächsischen Heraldikers vor. Ganz sinnlos
ist aber dieses Wappen doch nicht, denn Maria von Masovien war eine Nichte der Königin Hedwig von Polen und
Ungarn aus dem Hause Anjou. Die Verwandtschaft war so, daß die Mutter der Maria von Masovien eine Schwester
Jagiellos, des Großfürsten von Litauen, des Gemahls der Königin Hedwig von Polen und Ungarn war. Die Hoch-
zeit von Jagiello und Hedwig fand 1386 statt und war von hoher politischer Bedeutung. Jagiello trat bei dieser Ge-
legenheit zum Christentums über; Polen und Litauen bildeten zusammen eine starke Macht, die imstande war, dem
Deutschen Orden im Jahre 1410 die Niederlage von Tannenberg beizubringen. Maria war übrigens eine Schwester
der bei 2b) genannten Cimburgis.
Die fürstlichen Heiraten waren nicht ausschließlich Privatangelegenheiten der Beteiligten, sondern zugleich
Ereignisse von politischer Bedeutung. Es spiegeln sich hierin die Beziehungen der Staaten zueinander wider, und
so zeigen diese 17 Wappen einen kleinen Ausschnitt aus der deutschen Geschichte im Ausgange des Mittelalters. Sie
sind deshalb sowohl aus architektonischen, wie auch aus historischen Gründen wert, gepflegt und erhalten zu werden.
Bei der Instandsetzung sollen nur die unrettbar verwitterten und zermürbten Steine herausgenommen und durch
neue ersetzt werden. Jedes brauchbare Originalstück wird geschont.
Die übrigen Wappen des Schlosses Hartenfels zeigen weniger weitauslangende politische Beziehungen, sondern
beschränken sich auf die näheren Wettinischen Angelegenheiten. Hier sind zunächst die beiden großen Wappen zu
nennen, die sich ebenfalls am großen Wendelstein befinden, und zwar an der Einmündung der beiden geradläufigen
Freitreppen über den großen Türöffnungen. Auf der linken Seite (von vorn gesehen) steht nochmals das Wappen
des Bauherrn Johann Friedrich, wie es bei dem Mittelfelde der Wappengalerie beschrieben ist, nur mit dem Unter-
schiede, daß der Adler der Pfalz Sachsen und der Meißner Löwe miteinander vertauscht sind; auch der ornamentale
Charakter ist etwas anders: gröber, und nicht die ganze Fläche füllend.
Als Gegenstück auf der rechten Seite des Wendelsteines steht das Wappen der Kurfürstin Sibylle, geb. Herzogin
von Jülich-Cleve (Abb. 12). Es ist geviertet und zeigt 1. Für das Herzogtum Cleve: in Rot ein silbernes Mittelschildchen
und darüber die goldene Lilienhaspel. (Letztere ist aus der Eisenarmierung des hölzernen Schildes entstanden, deren
8 Enden zu Blättern ausgeschmiedet waren.) 2. Für das Herzogtum Jülich: in Gold ein gekrönter, schwarzer Löwe.
3. Für das Herzogtum Berg: in Silber ein roter Löwe mit blauer Krone. 4. Für die Grafschaft Mark: in Gold ein
silbern-rot geschachteter Balken. Das Herzschildchen zeigt in Silber die 3 roten Sparren der Grafschaft Ravensberg.
Die Helmzier ist eine Bereinigung der Clevischen und Märkischen Zeichen: der in den Helm beißende rote Stierkopf
mit silbernen Hörnern und die silbern-rot geschachte Krone.
Das sächsische und das clevische Wappen sind also selbständig und unvermischt dargestellt. Sie sind mit dem
Wendelstein zugleich hergestellt, also im Jahre 1535. Die Hochzeit Johann Friedrichs mit Sybille fand 1527 in Torgau
statt. Auf dieser Hochzeit wurde ihm vom Kaiser Karl V. die Verwirklichung der alten Ansprüche Sachsens auf Jülich-
Clevische Lande zugesagt. Diese Zusage wurde aber zurückgenommen, als Johann Friedrich in der Reformation
sich dem Kaiser feindlich gegenüberstellte. Da sich noch mehrere andere Prätendenten um die reiche Erbschaft bemühten
und niemand nachgab, entstand der jülich-clevische Erbfolgestreit. Im Jahre 1610 schien eine Lösung gefunden zu
sein, welche die sächsischen Ansprüche befriedigte; aber die endgültige Regelung fand erst in den Jahren 1666 und 1678
statt, wobei Sachsen schließlich trotz seines Widerspruches leer ausging. Auch diese Beziehungen spiegeln sich in den
Wappen von Hartenfels wieder, denn das große Wappen über dem Hauptportal, das Johann Georg I. im Jahre 1620
auf der Außenseite des Schlosses anbringen ließ, zeigt eine Bereinigung der sächsischen und der jülich-clevischen
Wappen auf Grund des Vertrages von 1610. In dem nachstehend (Abb. 15) abgebildeten Wappenschema sieht man
die 5 Zeichen von Jülich, Cleve, Berg, Mark und Ravensberg, also die gleichen wie auf dem Wappen der Kurfürstin
von 1535. Ehe aber auf dieses große Wappen eingegangen wird, müssen wir noch einmal zum Großen Wendelstein
zurückkehren. Auf den hohen Anfängern der Freitreppen steht links das lebeirsgroße Standbild Johann Friedrichs
und rechts das seines Stiefbruders Johann Ernst. Beide Figuren stützen sich mit der linken bzw. rechten Hand auf
Wappenschilder. Diese Standbilder sind 1545 aufgestellt. Das Wappen Johann Friedrichs hat 12 Felder. In der
Mitte der obersten Reihe steht Thüringen (in Blau ein siebenmal silber-rot geteilter, goldgekrönter Löwe). Rechts
davon das Herzogtum Sachsen (neunmal schwarz-gold geteilt mit grünem Rautenkranz). Links: Meißen (in Gold ein
ungekrönter, schwarzer Löwe mit roter Zunge). In der Mitte der zweiten Reihe steht, nicht eigentlich als Herzschild,
aber doch plastisch hervorgehoben, die Kur (schwarz-weiß geteilt mit gekreuzten, roten Schwertern). Rechts davon
Pfalz Sachsen (in Blau ein goldgekrönter, goldener Adler mit roter Zunge). Links: Pfalz Thüringen (in Schwarz
 
Annotationen