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Beck, Paul [Hrsg.]; Hofele, Engelbert [Hrsg.]; Diözese Rottenburg [Hrsg.]
Diözesan-Archiv von Schwaben: Organ für Geschichte, Altertumskunde, Kunst und Kultur der Diözese Rottenburg und der angrenzenden Gebiete — 15.1897

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Beck, Paul A.: Oberländer Spitzbuben-Chronik, [1]
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https://doi.org/10.11588/diglit.18487#0103

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sangene decapiticrt und der Kopf auf den
Galgen geschmiedet wurde. Die Scheerer,
um sich nichts zu vergebe», spalteten daun
de» Kopf und haben den Hoheutheuger
Galgen bannt geziert.
Ai» 22 November setzte es blutige
Nanfhändcl zwischen unfern (d. b. Schnssen-
ricdcr) Soldaten und hiesige» Bürgersöhncn
ab, deren einer eine blutige Hand, die
übrigen eine» Buckel voll Schläge davon-
gelragen. — Schnssenried hatte damals
sein Kreiskontingent zum sog. Wolfeagschen
Infanterieregiment (blau mit weiß), sowie zu
dem weiß und rot adjustierten Kürassierregi-
ment, welches aber eigentlich ein Dragoner-
regiment war, zn stellen. Zu dieser Zeit garni-
sonierte in Sch. in der Regel ein KreiSlien-
tenant behufs Eineperzierung der Truppen.
Am 26. November kamen nachts um
11 Uhr vier Spitzbuben in unserem nahe-
gelegenen Rappertsweiler vor des
„Weißkopfen" (HauSname, welcher heute
noch daselbst sich erhalten hat) Haus an und
nahmen ihn sogleich fort. Er gewann
aber noch Zeit, Lärm zu machen; sie
schleppten ihn indessen ein gutes Stück
weit, bis sie ihn endlich nach vielen
Schlägen liegen ließen. Sie fragten n. a.,
ob der ?. Norbert Lcibhammer und Ru-
dolf Baumann wohl ans und noch bei
Leben seien, woraus einige folgern wollten,
daß diese dermalen Bösewichte einst ckis-
cipuii dieser Herrn gewesen; wenn dem
also, hätte» diese Bäume schöne Früchte
getragen! Darauf fragten sie auch dem
Bitterle von Rappertsweiler nach, und als
eS geheißen, daß er schon gestorben, sagten
sie, gut, wenn er noch bei Leben, hätten
sie ihm das Haus vom Stumpen wegge-
brannt. Daß diese Drohungen nicht eitel
gewesen, ist ans dem abznnehmen, daß den
folgenden Tag etwelche Schwefelfäden bei
seinem Hans gefunden worden sind. —
Den 12. Dezember wurde Anton Mayr,
des Wachtschreibers Sohn von Stuttgart,
nach einem ganzjährigen Gefängnis, auch
ansgestandener Tortur des „polnischen
Bockes", ans den Pranger gestellt, ihm
der Galgen ans den Buckel gebrannt, mit
Rute» anSgestrichcn und ihm das Land
6 Meilen „in der Scheibe" herum auf
ewig verwiesen. Er hat den Beamten
viel zn schaffen gegeben, ohne daß er auch
nur eingestanden hätte, wo er seine Stigma
auf dem Rücken bekommen. Das Post-

geld für Briefe, welche wegen dieses
Schlingels an alle Orte geschrieben wurden,
soll sich allein ans 200 sl. belaufen haben.
— Den 14. Dezember ist unser Brän-
meister unter der hl. Messe um 22 fl. be-
stohlen worden. Dies war ein barm-
herziger Dieb, weil er über 100 fl. hätte
nehmen können; er hat gleich einen Tbalcr
wechseln lassen und ist sogleich arretiert
worden; er war dieses Geldes nicht be
dürftig, weil er ein Sohn eines wohl-
bemittelten Bürgers I. B. T. gewesen.
Als er vor Gericht citien worden, bekannte
er, daß dieses nicht der erste Diebstahl
gewesen; er wurde dann in der Stille
abgestraft und relegiert.
1742: Dieser Tage um den Jahres-
anfang wurde hier ein Knabe von erst
13 Jahren ans Andelfingen nächst Nied-
lingen ans den Pranger gestellt und wegen
vieler Diebstähle mit Ruten auSgehanen.
— Den 29. Januar wurde zn Staff-
langen, dessen Pfarrei seit dem Jahre
1397 unserem Stifte einverleibt war, dem
Herrn Pfarrer bereits als unserem deno-
minierten Prior zu guter Letzt noch in
Keller gebrochen und 2 Schmalzkübel mit
130 Pfund Schmalz, 6 Bratwürste,
4 Laib Brod, 2 Zitronen und einiges
Fleisch gestohlen. Die Diebe sind inner-
halb 14 Tagen zn Buchau entdeck! und
eingefangen worden; sie waren der s. v.
Kuhhirt anS dem Stift Buchanschen Dorfe
Ruppertshofen und noch ein anderer
Mann, denen, obschon sie mehrere Dieb-
stähle, aber nur ex extrem» neeessitate
begangen, das Leben geschenkt worden.
Herentgegcn ist zn Mengen, dem vorder-
österreichischen Donanstädtchen ein 13jäh-
riger Bube auf einem Diebstahle ertappt
und in das „Hexenstübel" gelegt worden;
er hatte sich gleich einem Großen im
Stehlen qualifiziert und würde zweifels-
ohne zum Galgen erhoben worden sein,
wenn ihn nicht sein kindisches Alter und
das volle Maß seiner Sünden daran ver-
hindert hätte, indem er, als seine Mutter
ihm das Essen bringen wollte, tot in seinem
Kerker anfgefunden worden ist. Zu Bi-
ber ach, der uns mit Buchau nächst-
gelegenen Reichsstadt, ist ebenfalls eine
berüchtigte Diebin und Leutbetrngerin von
Berkheim, Stift Nothscher Herrschaft,
eingczogen worden, welche Oe ma^i» su-
spekt sich für eine hl. Seele ausgegeben
 
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