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Beck, Paul [Hrsg.]; Hofele, Engelbert [Hrsg.]; Diözese Rottenburg [Hrsg.]
Diözesan-Archiv von Schwaben: Organ für Geschichte, Altertumskunde, Kunst und Kultur der Diözese Rottenburg und der angrenzenden Gebiete — 15.1897

DOI Artikel:
Beck, Paul A.: Oberländer Spitzbuben-Chronik, [2]
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https://doi.org/10.11588/diglit.18487#0135

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127

sie ganz wenig antwortete, noch 20, 30
hl. Messen nnd so und so viel Wachs-
kerzen. Diese Wachskerzen sind auch bald
hernach nnd nachdem sie zuvor ans unserer
Pfarrkirche gestohlen waren, zur Erlösung
geopfert worden. Durch dieses Messen-
und Wachsbegehren hat dieser geile Neclm-
bri8 den Mädlen all ihr Geld, ja sogar
den Liedlohn, dem Mart. Koch aber und
dem hiesigen Kramer Jos. Dangel, der
erst i. I. 1777 gestorben, über 15 fl.
abgeschwätzt. Endlich gab er vor, daß
die Nacht angebrochen, in der die Geister
erlöst werden, und sie viel Geld bekommen
sollten, über welche Sache er mit seinem
Weibe schon vorläufig abgeredet. Sie
war abermals weiß gekleidet und hatte
nur einen schwarzen Flor über ihre Schulter
hängen. Sie hatte auch eine Kannte mit
Eisen und Metall gefüllt und erwartete
nur das Signal ihres Mannes, wann
sie in die Stube eintreten sollte. Der
Mann ging aus der Stube hinaus und
gleich wieder zurück und sagte, daß nun-
mehr die Erlösung der zwei Geister
sehr nahe sei, er habe schon eine weiße
Seele gesehen, welche nur noch einen
schwarzen Strich zu zeichnen habe, daß
ihr noch hl. Messen abgehen; er hoffe
also, sie werden ihn und diese arme
Seele nicht stecken lassen. Hier war es
also wieder auf das Opfern abgesehen,
was auch geschehen. Indessen trat der
Geist (das war sein teuflisches Weib) in
die Stube herein unter tiefen Seufzern
und närrischer Gauklerei und stieß mit
allem Fleiß ans eines der anwesenden
Mädlen, worauf dasselbe schrie: „Ei! so
lrhüt' es Gott!" Worauf dieses Höllen-
weib die Kannte verroblete und ganz
zornig auf den Tisch stieß, einige Blätter
Papier verriß rc., wodurch sie anzeigcn
wollte, daß ihre Erlösung durch das laute
Reden vereitelt worden; sie ging also aus
der Stube und ist verschwunden. Ihr so
verwegener Mann zörnte noch mehr über
die Worte des Mägdleins als der ver-
meintliche Geist, indem, wie er sagte, durch
dieses Geschrei der Geist nicht nur nicht
erlöset, sondern der schon erhobene Schatz
bis in den Bodensee bei der Mainau ver-
senkt worden. Doch sei noch eine Hoff-
nung zu Einlösung dieser zwei Geister
und zu Erhaltung jenes Schatzes, so in

dem sog. „Clooßensee" liege, übrig, wenn
nur noch etliche heilige Messen würden
gelesen werden. Die abergläubischen När-
rinnen glaubten und opferten ihm aber-
mals. Nachts kamen wieder alle zusammen;
er hielt, wie zuvor seinen s. v. Kongreß
und damit er sich recht viehisch ersättigcn
konnte, sagte er, es sei nun nickt mehr
notwendig, daß alle, sondern erklecklich sei,
wenn bloß ein Mägdlein bei ihm bleibe.
Dictum — Kuckum! Eine einzige blieb,
mit der er wachend vnrios Imclus impu-
ciiccm ausübte. Sobald sie aber einschlief,
venit uci actum et commisit Lckulterium.
Das erwachende Mädchen verfluchte diese
That nnd verschwor diesen Augenblick,
der Beschwörung der Geister, bei welcher
so viele nnd schwere Sünden geschehen,
nicht mehr beizuwohnen. Der alte Epi-
knräer wandte vor, wie schon gemeldet,
daß derlei Thaten zu Erlangung ihres
Endzweckes höchst notwendig wären. 5e6-
ucta aber hinterbrachte das turps factum
dem Martin Koch, Hausvater und Unter-
halter dieser Zunft, und bekräftigte es mit
einem Eid, schwur, daß man sie in diesem
Hause nicht mehr sehen werde. Dieses
verdammliche Lasterspiel dauerte drei ganze
Jahre und zwar zu jener Zeit, wo sor-
tileZium in orciine aci lucranciLS iuciul-
ZsutiLs durch den Konstanzschen Bischof
nnd Kardinal Schönborn als ein ihm
allein reservierter Casus mit größtem Nach-
druck von allen Kanzeln verkündet und als
das abscheulichste Laster verrufen wurde.
Dazu kam noch das obbemeldete Verhexen
des Viehes, welches tödliche Feindschaften
unter der Gemeinde Kürnbach erweckt hat.
Nachdem endlich' das Maß voll und
Gott diese Schandthaten nicht mehr an-
sehen, auch die compiicss sechsten sich
nicht mehr erdulden konnten, war Theresia
Zembrodin ledigen Standes und complsx
die erste, welche dies Hnreuwesen wider
alles Einraten des Mart. Koch nnd Jos.
Dangel hiesigen Kramers und vormalen
Kammerdieners dem dasigen Schultheiß
Michael Erne, der noch i. I. 1771 lebte,
angezeigt. Die Sache wurde ruchbar und
kam vor die Kanzlei. Die complices
wurden peremtorie vor Gericht citiert;
indessen aber machte sich der Teufels-
banner mit seine!» eingesteischteu Geiste
aus dem Staub; und mußten nur die
 
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