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Beck, Paul [Hrsg.]; Hofele, Engelbert [Hrsg.]; Diözese Rottenburg [Hrsg.]
Diözesan-Archiv von Schwaben: Organ für Geschichte, Altertumskunde, Kunst und Kultur der Diözese Rottenburg und der angrenzenden Gebiete — 15.1897

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Beck, Paul A.: Oberländer Spitzbuben-Chronik, [2]
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https://doi.org/10.11588/diglit.18487#0136

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128

bissigen Untsrthaiieii die Suppe, die
ihnen diese galgenfeuermäßigen Vaganten
angericbtet, ansfressen. Die Strafe dieser
Delinquenten bestand darin, daß Martin
Kocbs Haus und Lehen verfallen nnd er
nebst den übrigen sechs complicibus, als
seinem Weib, des Maurer Michel Schwärz-
lers Weib, Jos. Dangel und seiner ge-
westen Magd Theresia Zembrodin und
einer Webers Tochter auf fünf Jahre
sollen aus der Herrschaft verwiesen sein.
Nebst diesem sollen alle sieben Personen
dreimal mit der Lastertafel, auf welcher
die Worte standen: „Du sollst nickt
Aberglauben treiben!" vor der Kirche
stehen, welches ans erstlich den 12. Mai
an einem Sonntag, dann den 19. Mai
an einem BrnderschaftStag und letztmals
am Montag in der Krenzwoche vollzogen
worden. ES strömten dazu immer viele
Leute zusammen. Diese Strafe war zwar
sehr empfindlich, aber mehr als gerecht,
weil diese Bvsewichter sich zu jener Zeit
so ärgerlich versündigt, woneben dieses
Laster am meisten von dem Bischof ver-
flucht war. Man bedauerte nur, daß man
den Erzbösewickt, der seinem Aussehen
nach ein rechtes monstrum war, mit
seiner Medusa nicht bekommen hat. In
der Kirche war er als ein Herrgottsträger
wie ein Engel, in der Thal aber ein
eingefleischter Teufel. Dieser Schelm soll
auch sonst in und außer der Herrschaft
auf dergleichen verfluchte Dinge Attention
gehabt haben wollen, sei aber überall als
suspekt abgewiesen und in dem Langvogtei-
schen von einem gewissen Bauern, in dessen
Haus nach seiner Angabe auch ein Geist
sein sollte, halb tod geprügelt worden.
Würde er ans der Stelle geblieben sein,
wäre Gott nicht so oft und schwerlich be-
leidigt worden. Leterum castis sunt
omma castn! Den 16. August sind zu
Stadion vier leibliche Schwestern prop
ter incastum in primo ^raclu nnd kurtn
commissa Durchs Schwert hingerichtet
worden. Sie hatten nämlich alle vier
commercium enrnale mit einem Ehe-
mann, dessen Weib noch bei Leben war;
der Bösewicht aber ist entwischt. Die vierte
davon, nachdem sie schon auf dem Stuhle
gesessen, soll noch pardvniert worden sein.
Auch an Hexenprozessen that es

nicht fehlen; den 27. August vel circa
circitsr wurde zu Straßberg bei
Ebingen, dem Hauptorte der Stift Bnchau-
schen Herrschaft gleichen Namens, eine
Principalhexe, Katharina Geiger von da,
erdrosselt und verbrannt; sie soll unter
währender Tortur ganz sanft gleichsam
geschlafen und gelächelt haben. — An-
gehends des September war auch zu
Mengen eine solche Unholdin, Franziska
Bachmännin mit Namen nnd ledigen Stan-
des, als eine Hexe decapitiert nnd ver-
brannt worden. Sie hatte entsetzliche Bos-
heiten auSgenbt und die ganze Gegend an
dem Narrenseil hernmgefnhrt, indem sie
wegen ihrer vielen Wallfahrten, Beichten,
Kommunionen rc. von jedermann für
tugendsam gehalten und besonders von
dem hochw. Stadtpfarrer Reichte zu Scheer
als ihrem geistlichen Vater wegen der ge-
schehen sein sollenden Verzückungen nnd
Offenbarungen geschätzt wurde, welche
meistenteils sich nach der Kommunion sollen
ereignet haben. Sie schrieb alle Offen-
barungen dem Gnadenbild Mariä zu Scheer
zu. Der dasige Pfarrer war, wie schon
gesagt, für dieses Gnadenbild so sehr ein-
genommen, daß er sich entschlossen, selbes
im Triumph herumzutragen und alle Mi-
rakel, so von selbem gegenüber dieser Per-
son geschehen, verkünden zulasten. Viele
widerrieten ihm, dies zu unternehmen, doch
fuhr er fort, alle Präparationen zu einer
großartigen Prozession vorznkehren; ja
die Sache kam so weit, daß sich viele
StandeSpersoncn, und unter diesen etliche
Stiftsdamen zu Scheer, eingefnnden, dieser
Feierlichkeit beizuwohneu, allein — vorher
in der Nackt kam eine bewaffnete Kom-
mission von Konstanz an und citierte ihn
sogleich dahin, um über dieses atteirtatum
Rechenschaft zu geben. Wie er sich allda
verantwortet, ist nicht bekannt, wohl aber,
daß diese Kanaille um einen Kopf kürzer
geworden. Sie ward überwiesen, daß sie
das Sanktissimum ans eine entsetzliche Art
und zwar öfters vernnehrt, die Brunnen
verzaubert nnd sogar mit dem Satan selbst
ein commercium unterhalten zu haben.
Illoc, wie der hochw. ?. Pancratius schreibet,
rnptissime, secl vsre! Von solchen Hexcn-
stücken werden wir noch später hören.
(Fortsetzung folgt.)

Stuttgart, Buchdruckerei der Akt.-Ges. „Deutsches Volksblatt.
 
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