Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Die Dioskuren: deutsche Kunstzeitung ; Hauptorgan d. dt. Kunstvereine — 7.1862

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.13516#0050

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
34

und geheimnißvollen Beschäftigungen den Ruf eines mit
dem Teufel im Bunde stehenden Zauberers und Geister-
banners erwarb. Er beschäftigte in seinen verschiedenen
Druckerei- und Formschneidewerkstätten über 200 Arbeiter,
welche zum größten Thcil im Kloster selbst wohnten. Be-
merkenswerth ist, das er in seiner Schriftgießerei nicht
nur die gewöhnlichen lateinischen, griechischen und gothisch-
deutschen Typen, sondern auch hebräische, arabische, ja so-
gar koptische, armenische, samaritanische, indische Schrift-
stücke anfertigen ließ, wozu er die Matrizen und Gußformcn
selbst schnitt. Er veröffentlichte auch eine Sammlung seiner
Alphabete unter dem Titel Tabula quarundam Syllabarum
(Mit Blättern von 32 Alphabeten) u. s. f. gedruckt im
grawen Kloster 1583, folio. Die zahlreichen in seiner
Druckerei gedruckten Werke, welche theils von ihm selbst,
theils von fremden Gelehrten verfaßt sind, führt Möhsen
„Beiträge zur Geschichte der Mark", Berlin 1783 ans
Seite 188 vollständig an. Durch mancherlei Anfeindungen
gereizt, verließ er Berlin im Jahre 1579 und ging nach
Basel, wo er zum zweiten Male heirathete und darauf
nach Berlin zurückkehrte, um seine Sachen abzuholen.
Allein man überredete ihn zu bleiben und seine Frau eben-
falls Herkommen zu lassen. Dies geschah, aber er konnte
sich mit ihr nicht vertragen und schickte sic ihren Eltern
zurück. Daraus entstand ein Proceß, der ihn so erbitterte,
daß er Alles im Stiche ließ und 1595 nach Italien ging,
wo seine Spur gänzlich verloren ging. In der Kirche,
die er, wie erwähnt, im Jahre 1584 auf eigene Kosten
restaurircn ließ, befindet sich noch ein Bild, daß er im
Jahre 1557 beim Tode seiner ersten Frau, einer gebornen
Hutelin aus Basel, anfertigen ließ und später der Kirche
als Weihgeschcnk vermachte. Es hängt an der Wand,
welche die Vorhalle von der Kirche trennt. Außerdem
rührt wahrscheinlich die im Durchgänge nach dem zweiten
Hofe des Lagerhauses, der früheren churfürstlichen Burg,
an der Wand rechts eingemauerte ei.serne Platte von
ihm her, welche die Jahreszahl 1577 trägt. Die Platte
ist 4 Fuß hoch und 24 Fnß breit und zerfällt in drei
Theile. Oben ließt man: „VON GOTTES GENADEN
JOHANNES GEORGE MARGRAF ZU BRANDEN-
BURGK DES HEILIGEN ROMISHEN RIGES ERZ-
CAMER UND CHURFURST IN PREUSSEN, ZU
STATIN, POMMERN, DER CASSUBEN, WENDEN
UND IN SCHLESIEN ZU CROSSEN HERZODK,
BURG GRAF ZU NURENBERG UND FÜRST ZU
RÜGEN“. Darunter befindet sich das churfürstliche Wap-
pen, mit Symbolen zu beiden Seiten; links das branden-
burgische Scepter, rechts die Säule des Staates, welche
eine Kugel, das Bild der Vollkommenheit, trägt. Dabei
1577. Auf dem untersten Theil erblickt man drei alle-
gorische Figuren: links die Hoffnung, eine weibliche
Gestalt mit einen Opferheerd zu ihren Füßen, von welchem
Weihrauchdampf aufsteigt, darunter daS Wort spes; in
der Mitte der geflügelte Genius der Liebe mit einer bren-
nenden Fackel in der Hand, darunter das Wort (ca)ri (las);
rechts der heilige Andreas mit dem großen Glanbens-
kreuze vor der Brust, darunter das Wort lickas. Vielleicht
hat Thurneisser, der in dieser Zeit auch eine Eisengießerei
im Kloster besaß, dem Kurfürsten durch diese Tafel seine
Dankbarkeit bekunden wollen.

Thurneisser hatte den mittelsten Theil der Klostergebäude
innegehabt, so daß von beiden Seiten noch die anderen Ge-
bäude des Klosters leer standen. Hievon bestimmte der Kur-
fürst Johann Georg das nach der Königsstraße zu ge-
legene Haus, worin sich jetzt die Ateliers von Rauch,
Hagen, Otto, Biermann n. s. f. befinden, zu einem Korn-
magazin, das auf der andern Seite von der Kirche ge-
legene Haus dagegen wurde im Jahre 1574, also drei
Jahre nach dem Tode des letzten Mönchs, dem nun ge-
stifteten Gymnasium zum grauen Kloster zu Lehrerwoh-
nungen und Klassenzimmern übergeben. Auf diesen Ent-
schluß wirkten besonders, außer den beiden Bürgermeistern
von Berlin und Kölln, der churfürstliche Kanzler Lamp-
recht Dicstelmeyer, dessen wir bereits bei der Be-
schreibung seines in der Nikolaikirche befindlichen Grabmo-
numents gedacht haben, und der Geheimsekretair Joachim
Steinbrecher ein. Das Gebäude war sehr verfallen
und dachlos, weshalb der Kurfürst zugleich für den Wie-
deraufbau Sorge trug. Die Schenkungsakten werden noch
heute in den handschriftlichen Gymnasialakten bewahrt,
ebenso die im Jahre 1579 erlassene Konfirmations-Urkunde
der Schulordnung, aus welcher hervorgeht, mit wie großem
und ernstem Eifer der Kurfürst die Angelegenheit behan-
delte. Der erste Rektor des Gymnasiums hieß Magister
Jacob Bergemann und gelangte in seinem 18. Jahre
zu dieser Stelle, die er jedoch nur ei» Jahr behauptete,
um sich der Kanzel zu widmen. Im Laufe der Zeit ver-
größerte sich das Gymnasium. Als im Jahre 1767 das
köllnische Gymnasium damit vereinigt wurde, erfuhr es
eine Restauration nud Erweiterung, insbesondere aber er-
hielt es unter dem Könige Friedrich Wilhelm III. im Jahre
1822 den Kapitelsaal, das Refektorium und den Konventsaal.

Ucber die Geschichte des Lagerhauses ist nur Folgen-
des zu bemerken. Ursprünglich befand sich, wie bereits
gesagt, an der Stelle desselben die markgräfliche Burg,
deren Entstehungszeit in das Ende des 13. oder in die
erste Hälfte des 14. Jahrhunderts fällt. Nach Erbauung
des alten Schlosses zu Kölln durch den Kurfürsten Fricd-
rich II. im Jahre 1448 erhielt das damals genannte
„hohe Haus" der Ritter Georg von Wildenfels zum
Burglehn. Später im 16. Jahrhundert sehen wir das
„hohe Haus" im Besitz der Patricierfamilie der Nyke,
bis Kurfürst Johann Georg den nördlichen Flügel zu
einem Kornmagazin machte. Der große Kurfürst be-
stimmte es zur Wohnung des Gouverneurs. Unter seinem
Nachfolger, dem Könige Friedrich I. wurde im Jahre
1705 darin eine Ritterakademie eingerichtet, die aber schon
nach wenigen Jahren wegen Schulden aufgelöst, und das
Gebäude im Jahre 1713 dem Staatsmiuister vou Kraut
zur Disposition gestellt wurde, welcher es auf seine Kosten
zu einem Magazin für die Wollmannfakturen und Tuch-
fabriken Berlins umwandelte. Daher sein Name „Lager-
haus". Der linke Flügel des jetzigen Lagerhauses gehörte
zum ehemaligen Kloster. Er brannte 1712 ab und wurde
nach dem Wiederaufbau im Jahre 1716 zum Lagerhause
geschlagen. Jetzt befinden sich in dem einen Flügel, wie
schon erwähnt, die Ateliers mehrerer Bildhauer und Maler,
in dem andern das Generalsteueramt und andere Behörden.

(Die zweite Abtheilnng folgt später).
 
Annotationen