Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Die Dioskuren: deutsche Kunstzeitung ; Hauptorgan d. dt. Kunstvereine — 7.1862

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.13516#0114

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
98

Huttens durch Kaiser Maximilan" bekannt geworden. Das
erstere ist ein Schlachtenbild, und welche historische Bedeu-
tung auch das Motiv als solches haben möge, so kann
doch in einem Schlachtenbilde am allerwenigsten auf den
historischen Stil der Accent gelegt werden. Das zweite
besitzt viel Empfindung, aber der Komposition fehlt die
für ein historisches Gemälde unumgänglich nothwendige
Großartigkeit der Komposition und Behandlung. Was
Marter steig's Bild betrifft, so wollen wir über seine Auf-
fassung und Behandlung schweigen; es reicht hin ans das
Motiv hinzuweisen, welches alles Andere, nur kein histo-
risches ist, sonst böte jede Ceremonie ein solches dar. Es
bleiben also noch Schmitz's „der Juden Schutz durch
den Bischof zu Spchcr", W. Sohn's „der heilige Boni-
facius predigt das Christenthum", Julius Hübner's
„der heilige Stephan vor dem hohen Rath", I. Schol.z'
„Bankett der Generale Wallensteins", Swoboda's „die
besiegten Mailänder vor Fr. Barbarossa", Rosen selb er'S
„Betende am Sarge Kaiser Heinrich IV." und Span gen-
berg's „das Johannesfest zu Köln zur Zeit Petrarkas".
Hiervon sind zunächst die beiden Bilder Hübner's und
Sohn's abzuzweigen, welche als kleine Skizzen nicht in
Frage kommen. Was das Bild von Schmitz betrifft,
so dürfte das Eingeständnis)*) des Präsidenten, daß das-
selbe „ebenso wie die Bilder von Schwind und Menzel
erkaltend ans den Enthusiasmus gewirkt" habe, welchen
man in den ersten drei Jahren den Bestrebungen der Ver-
bindung cntgcgengebracht, maaßgebend sein; obschon er
hinzusetzt, daß, wenn diese Künstler wirklich hinter ihren
Aufgaben zurückgeblieben sein sollten (!), dies doch nicht
an dem System und der Leitung der Verbindung liege".
Es scheint uns nun aber, als ob die Verbindung keinen
stärkeren Beweis für ihre Unfähigkeit, also für die Fehler-
haftigkeit des Systems und der Leitung abgeben konnte,
als dadurch, daß sie selber sich kein Urtheil über jenen
zweifelhaften Umstand zutraut.

Endlich bemerken wir noch in Betreff des Bildes von
Spangenberg, daß in der That viel guter Wille
dazu gehört, um in solchem Motiv etwas Historisches zu
finden, es müßte denn das Historische in der Andeutung
auf die Gleichzeitigkeit des Vorganges mit Petrarka liegen.
Es bleiben also schließlich unter den 12 von der „Verbindung"
um die Summe von 16930 Thlr.**) erworbenen Bildern
nur noch drei übrig, über welche wir kein Urtheil aussprechcn
können, obschon wenigstens das „Bankett der Generale
Wallenstcins" seiner Natur nach mehr dem Genre als
der Historie angehören dürfte; ein Vorwurf, der auch dem
Rosenfeldcr'schen Bilde gemacht wird.***)

Wir kommen noch einmal auf die Frage zurück, „welche

*) Siehe bas gedruckte Cirknlar des Präsidenten Goßler d. d.
Königsberg den 25. November 1861.

**) Hierin sind die Vcrwaltungskosten nicht mit einbegriffen.
Diese betrugen beispielsweise für die 6 te Generalversammlung
und die damit verbundene Ausstellung allein 239 Thlr. 26 Sgr.,
wozu denn noch weiter die Kosten sür Drucksachen, Kopialien,
Porti u. s. f. im Betrage von ca. 162 Thlr. i» dem einen
verflossenen Vereinsjahr hinzukommen. (S. Protokoll der sieben-
ten Generalversammlung n. s. f.)

***) Siehe Korrespondenz aus Hannover. D- R.

Anforderungen an sich und insbesondere von der Verbin-
dung für historische Kunst an ein historisches Bild zu stellen
seien.*) Das Cirkular des Herrn Präsidenten Goßler
bemerkt berichterstattend zu de» betreffenden Verhandlungen
Folgendes:

„Die erste Frage, welche wohl in dieser oder jener
Form bei jeder Versammlung der Verbindung zur Er-
örterung wiederkehrcu wird, weil die individuellen An-
sichten darüber, sowohl was das Princip als was die An-
wendung betrifft, so verschieden sind, daß dieselben im-
mer wieder oppositionell einander berühren müssen, haben
der Natur der Sache nach zu einer eigentlichen Bcschlnß-
nahme nicht führen können. —

Das Gebiet der Kunst ist so groß und die Ueber-
gänge von einer Seite derselben zur andern sind so' man-
nigfaltig, daß, wie mir scheint, auch die Kritik fast eine
unlösbare Aufgabe haben dürfte, wenn von ihr gefordert
wird, mit absoluter Gewißheit und ohne Widerspruch den
Maaßstab anzugcben, nach welchem in allen Fällen die
Schöpfungen der Künstler gewissen Klassen zuzutheilen
wären."

Wir bemerken hiezu, daß es uns eine etwas starke
Znmuthung an die Kritik scheint, sie solle ein Kriterium
an ge b,en, das ohne Widerspruch den Maaßstab für
die Klassificirung der verschiedenen Kunstgebietc enthielte.
Hat es je eine Wahrheit, auch die nnzweifelhafteste, gegeben,
der nicht widersprochen worden wäre? Aber darauf kommt
es an, daß der Widerspruch begründet wird. Widersprechen
und absprechcn ist leicht, das Warum ist bei Allein die
Hauptsache. Und wenn nun die Kritik, wie es den» doch
schon geschehen ist, ihre Aufgabe gelöst hat und wirklich
den Organismus des gesammten Knnstgebiets in lichtvoller
Gliederung auf begrifflichem und naturgemäßem Princip,
d. h. nach den in der Sache selbst liegenden, an sich noth-
wcndigcn Gesetzen, hinstellt, was geschieht dann? — Dann
kommt man eben mit jenem unbegründeten, sich auf sein
„Gefühl" berufenden und darum in diesem Falle nnbe-
rnfcnenj Widerspruch, oder im günstigsten Falle mit der
hochweisen Phrase: „Ja, in der Theorie mag das schon
ganz gut und richtig sein, aber in der Praxis ist daö
doch ganz anders." Als ob die Theorie etwas Anderes
wäre als das eigentliche Wese», die Essenz und Quint-
essenz der Praxis? Aber am Princip hapert's eben, und
zwar in der Theorie wie in der Praxis, und daher der
Widerspruch zwischen beiden. Ein Princip beweist sich
nemlich gerade durch seine praktische Vollgültigkcit als wahr,
und die Praxis als falsch oder einseitig, welche solchem
Princip widerspricht oder nicht genügt. Hören wir weiter:

„Wenn ich aber kurz die bei der Versammlung aus-
gesprochenen Ansichten rekapituliren soll, so verlangten
die Einen zu einem historischen Bilde als unerläßlich:
1) einen urkundlich beglaubigten Stoff, 2) ein Faktum,
welches von einer für die Geschichte der Welt oder eines
einzelnen Volkes wichtigen Bedeutung und Einfluß ge-
wesen ist, also einen Stoff von wirklich historischem
Wcrthe, und 3) eine Ausführung kn einem der Größe
des Gegenstandes würdigen, die Zeit und die Personen

*) Nach dem Wortlaut des oben erwähnten Cirknlars.
 
Annotationen