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Die Dioskuren: deutsche Kunstzeitung ; Hauptorgan d. dt. Kunstvereine — 7.1862

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https://doi.org/10.11588/diglit.13516#0130

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Als sich der damalige Kronprinz von Bayern im Jahre
1842 mit der lieblichen Prinzessin Marie von Preußen
vermählte, war fast keine Stadt und kein Städtchen im
Königreiche, die dem Brautpaare nicht ein Zeichen ihrer
Liebe und Verehrung darbrachte. Die Stadt Augsburg
beauftragte den Maler Eugen Neureuth er mit dem Ent-
würfe eines sigurenreichen Tafel-Aufsatzes, und der berühmte
Künstler entledigte sich desselben mit gewohnter Meisterschaft.
Als es jedoch an die Ausführung der Arbeit in Silber
ging, da zeigte es sich, wie schwer ein Künstler zu finden,
der des Ciselirens in dem Grade mächtig wäre, den
der Entwurf voraussetzte. Da erbot sich Fortner, dem
Freund Neureuth er darüber klagte, die technische Aus-
führung des figürlichen Thciles der Komposition zu über-
nehmen und machte sich rasch und mit unermüdlichen Eifer
an die Arbeit, deren Schwierigkeiten er mit ebenso feiner
als sichrer Hand überwältigte. Das Werk lobte den Mei-
ster, der nun angesichts eines so bedeutenden Erfolges von
seinen Freunden bestürmt wurde, sich diesem Kunstzweige,
in welchem er ohne Konkurrenten war, vollständig zu widmen.

Er folgte ihrem wohlgemeinten Rathe, und bald liefen
von dort und da ehrenvolle, theilweise auch sehr umfassende
Aufträge ein. Unter den ersten befand sich der eines großen
Tafelaufsatzes für den damaligen sardinischcn Gesandten
Grafen v. Pallavicini. An ihn schloß sich eine lange
Reihe an, die sein ausgezeichnetster Gönner, der Freiherr
v. Frankenstein, ihm crtheilte und der in Folge dessen
eine ausgezeichnete Sammlung der vollendetsten Waffen
und Geräthe aller Art besitzt, welche Fortner mit reicher
Phantasie, feinstem Verständnis; des Angemessenen und
einem tiefen Fonds von Originalität schuf, der nur die
Zartheit und der Geschmack der Ausführung gleichsteht.
Es sind meist Werke der Ciselirkunst, bald aus Bronce,
bald auch aus edlen Metallen, wobei theilweise auch Edel-
steine zur Verwendung kamen. Der treffliche Künstler
zog aber auch die getriebene Arbeit wieder aus der Ver-
gessenheit hervor, in der sie so viele Jahrzehnte gelegen
und mehrere große Platten bewiesen, wie sicher er auch
diese Technik beherrschte.

In den letzten Jahren schuf er für den Wintergarten
des Grafen Waldpot-Baßenheim ein Wasserbecken,
auf dem er verschiedenartig einheimische Vögel mit einer-
überraschenden Wahrheit und Charakteristik anbrachte.
Das vornehmste seiner Werke aber ist der von der bay-

rischen Armee im Jahre 1860 ihrem Feldmarschalle dem
Prinzen Karl zu seinem fünfzigjährigen Dienstesjubiläum
gewidmete Ehrendegen, bei dessen Herstellung er eine be-
sondere Schwierigkeit zu bewältigen hatte, daß die Form
des Ordonanzsäbels strenge beizubehalten war. Er löste
die Aufgabe mit der höchsten Meisterschaft und erntete da-
für das allgemeinste Lob.

Neben solchen größeren Arbeiten schuf Fortner, gleich-
sam von jenen ausruhend, eine Menge der originellsten
Schmucksachen, in deren Entwürfen er seiner reichen Phan-
tasie besonders gerne den Zügel schießen ließ und wobei
er Zufälligkeiten in der Natur und Form des gegebenen
Materials mit überraschendem Erfolge zu benutzen verstand.

Die allgemeinen Zeitverhältnisse gingen auch an Fort-
ner nicht ohne ihm wehe zu thun vorüber, und so über-
nahm er, um für schlimme Tage sich den Boden unter
seinen Füßen wenigstens einigermaßen zu sichern, vor ein
paar Jahren eine Stelle als Lehrer in der Ciselirkunst an
einer hiesigen öffentlichen Unterrichtsanstalt, mit welcher
jedoch leider keine pragmatische Rechte verbunden waren.

Fort» er's rastlose Thätigkeit wurde seit Jahren durch
öfteres Unwohlsein unterbrochen. Er hatte noch am Vor-
abend der am 25. Februar von sämmtlichen Künstlerge-
sellschaften veranstalteten maskirten Abendunterhaltung seine
thätige Theilnahme hieran zngesichert, erkrankte jedoch am
folgenden Tage so schwer, daß bald alle Hoffnung ihn
zu retten schwand, und starb am 14. März mit Hin-
terlassung einer Wittwe und dreier unversorgter Kinder
gerade in einem Zeitpunkte, der ihm eine freundliche
Aussicht in die Zukunft bot. Durch Vermittlung des
dahier lebenden Malers Swertskvff hatte ihm nemlich
der Bauquier v. Stieglitz in Petersburg die Herstellung
einer vollständigen Zimmereinrichtung, Lustres, Arm- und
Wandleuchten und was sonst der Art in Metall ausgeführt
zu werden pflegt, übertragen, und Fortner hatte bereits
einen Theil dieser Gegenstände — gleichfalls wieder nach
seinen eigenen Entwürfen, worin er sich nur im Stil der
Renaiffance zu halten hatte — vollendet, von andern wa-
ren die Modelle fertig, als ihn der Tod überraschte.

Die Trauer seines zahlreichen Leichengefolges galt nicht
blos dem hervorragendem, in seinem Fache unübertroffenen
Künstler, sie galt auch den oft gewährten Freunde, dem
ächten Ehrenmanne.

Korrespondenzen.

? München, Anfang April. (Der Verein für
Ausbildung d er G e w crke). Ihr Berichterstatter hat,
wie sehr dies auch deu Auschein gehabt haben mag, den
Verein für Ausbildung der Gewerke dahier nicht aus deu
Augen verloren, über dessen Absicht und Mittel er in
einem früheren Jahrgange dieser Blätter einen eingehenden
Bericht erstattete. Gestatten Sie ihm, daß er heute wieder
cinnial auf denselben zurückkommt. Da mau einmal ge-
wohnt ist, die allgemeinen Verhältnisse eines Vereins, we-
nigstens nach einer gewissen Seite hin, nach dem Ab- oder
Zunehmeu seiner Mitgliedcrzahl zu bemessen, so mag die
Notiz vorausgeschickt werden, daß dieselbe für 1860
1055, für 1861 aber nur noch 989 beträgt, sich sohin ein
Abgang von 66 Mitgliedern ergiebt. Nachdem mehrfach
und von verschieden Seiten her an den Verein die Auf-

forderung erging, eine Sammlung von Zeichnungsvorlagcu
zu veranstalten und herauszugeben, welche für Heranbildung
des Technikers und praktischen Gcwerbsmannes geeignet
wäre, ging der Verein im vorigen Jahre an die Heraus-
gabe einer Reihe von Ornamenten-Entwürfen, welche die
Benutzung als Zeichnungs-Vorlagen zulicßcn, deren erstes
Heft bald darauf erschien. Das Entstehen der Entwürfe
hängt auf das Innigste mit dem Unterrichtsgange der Ver-
cinszeichnen- und Modellirschnle zusammen. Derselbe be-
ginnt nämlich mit dem Kopiren guter Vorlagen auf Ton-
papier nut Bleistift und weißer Kreide, um dann zum
Zeichnen nach Gypsmodellen überzugehen. Einen Haupt-
theil bildet nun das Studium von Pflanzenformen nack
Naturabgüssen, das Stilisiren, Gruppireu und Zusammen-
stellen von Rosetten, Gewinden, Füllungen, Friesen u. dgl.
 
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