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Die Dioskuren: deutsche Kunstzeitung ; Hauptorgan d. dt. Kunstvereine — 7.1862

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https://doi.org/10.11588/diglit.13516#0278

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theilt sind, je zwei Hautrelief-Darstellungen, in denen der
Segen des Friedens versinnlicht ist — in Kirche und
Kunst — in Wissenschaft und Industrie; und zwar:
1. Wiederherstellung des kölner Erzbisthums"
in Verbindung mit „Restauration und Fortbau des
Doms". — 2. „Cornelius an die Akademie zu
Düsseldorf berufen." — 3. „Gründung der Uni-
versität zu Bonn." — 4. Beförderung der In-
dustrie in Handel und Gewerbe. — Originell ist
der Gedanke, mit dem Standbilde außerdem eine Halle
in Verbindung zu bringen, in welcher durch
Wandgemälde al fresco die Geschichte der deut-
schen Befreiungskriege dargestellt wird. Auf
diese Weise würden, wie der Künstler in seinem Prospekt
bemerkt, alle bildenden Künste zur Herstellung des ganzen
historischen Denkmals vereint zu wirken haben, indem sich
außer für Bildhauer noch würdige Aufgaben darböten für
Maler und Architekten.

Es ist anzuerkennen, daß in deni Cyklus dieser Kom-
positionen ein klarer Grundgedanke sich ausspricht, und
daß auch das Ganze in seiner Totalität den Eindruck ein-
facher Würde macht. —

Heber die Modelle von Franz, Möller und Ka-
lide weiß ich in der That etwas Charakteristisches nicht
zu sagen. Der Text ist, namentlich bei Kalide, die
Hauptsache, allein es ist fast überall eine Umschreibung
des von dem Berwaltungsausschuß als Vorwurf gegebe-
nen Programms: „Volksbewaffnng", „Kölner Dom", „Han-
del", „Rheinübergang bei Caub", „Düsseldorfer Akademie",
„Universität Bonn", „Schlacht bei Belle-Alliance" und
dazu die obligate Gesellschaft von allegorischen Figuren,
„Gerechtigkeit", „Milde", „Weisheit", „Tapferkeit" u. s. w.
Sieht man dabei auf die Skizzen, so weiß man freilich nicht,
warum die darauf angedeutctcn Figuren grade dies ausdrük-
ken sollen. Das ist auch weder möglich noch nöthia. Allein
die Hauptsache, die Reitcrfigur selbst, in ihrer Haltung und
in ihrem Ausdruck, bleibt verhältnismäßig am meisten un-
berücksichtigt. Was von den Modellen der vorgenannten
Künstler gesagt ist, gilt auch von dem annonymcn Modell,
betitelt „Sanduhr und Anker"; ein wesentlicher Unterschied
wäre vielleicht in den Trophäen an den Ecken der Haupt-
reliefs und der Friese zu finden, welche dem Piedestal einen
guten Abschluß geben.

Es bleiben jetzt, che ich auf die Modelle Schie-
velbein's und Mohr's cingehe, noch die Arbeiten
Wredow's und Zumbusch's, ^wovon das erstere von
allen Reiterstatuen vielleicht die meiste Originalität be-
sitzt, indem die bei den andern Modellen an den Seiten
angebrachten Reliefdarstellungen hier als Vollfiguren in
fast genrehafter Gruppirung das Postament umgeben,
welches die ebenfalls ganz abweichende Form eines ova-
len Durchschnitts hat, und auf jeder der beiden Lang-
seiten mit Pilastern geziert ist. Unter diesen Pilastern
sind vier würfelartige Sitze gebildet, deren Lehnen in
geschwungener Form mit Palmen und oben Kronen
geschmückt, sich den Pilastern anschmiegen. Dieser Ober-
bau ruht auf zwei großen Stufen, die in mannig-
fachen Formen sich den Kern anschließen und dem Unter-
bau eine achteckige Form geben. Auf den Sitzen sind
vier weibliche Gestalten in sehr verschiedenen Stellungen,
je nach ihrer Bedeutung dargestellt, sie nehmen Theil
an den vorn und hinten am Postament dargcstelltcu Vor-
gängen; auf den beiden aufgcschlagencn Büchern, dem
Schilde und der Rolle, welche sie halten, ist aufgezcichnct,
was in Bezug auf Religion, Wissenschaft und Kunst, Wehr-
kraft und Justiz ,u jener Zeit in's Lebe» trat; die vier
Kronen sollen andeuten, daß dies alles von der Krone
ausging (!) — Im Verein mit ihrem architektonischen Zubehör
theilen diese vier Figuren, gleich Strebepfeilern des Kerns,
den Raum um diesen in einen vorderen, Hinteren und je
einen zu beiden Seiten. — Hinten am Postament auf
der oberen Stufe stehend, entfaltet die Borussia die Fahne

mit dem Wahlspruch im Kreuze: „Mit Gott für König
und Vaterland"; auf der unteren Stufe davor ist (in klei-
neren Figuren) das sich erhebende Volk dargestellt. Vorn
in der Mitte schreitet ein Soldat der Linie, ihm links folgt
ein. Landwehrmann, und rechts schreitet der nach Westen
kommandirende Offizier; ihm zur Seite ergreift ein Schmied
beim Anblick der Fahne das Gewehr, Hammer und Zange
wegwerfend; dahinter ist ein Student, in der einen Hand
das Gewehr haltend, mit der andern seine Bücher zu den
Füßen der Wissenschaft niederlegend, welche ihn ebenfalls
anfeuert, dem Aufrufe zu folgen; Fichte's Reden an die
deutsche Nation, Arndts Lieder re. liegen am Boden; dem
Studenten zur Seite hinter dem Landwehrmann, nimmt
ein Sohn von seiner Mutter Abschied, sie reicht ihm die
Waffe, um dem Rufe deS Vaterlandes zu folgen. Hinter
dieser Gruppe steht am Pfluge ein Landmann mit der
Pike im Arm, den Landsturm anzudentcn. — Vorne am
Postament aus der oberen Stufe steht wieder die Borussia
nach vollendetem Kampfe, die Schlachtennamen sind am
Postament auf einer Tafel über den Trophäen verzeichnet,
sic hält in der Linken die Siegesstange vom Brandenbur-
ger Thore; vor dieser auf der unteren Stufe sind die be-
deutendsten rheinischen Städte versammelt, Köln in der
Mitte, in vorschreitender Stellung der Borussia die Rechte
reichend, in der Linken das Wappenschild der Rheinprovinz
haltend. Hinter Köln lehnt sich Aachen ans den Grenz-
stein Deutschlands, in der Rechten die Kaiserkrone, in der
Linken eine Schaale, ans der eine Schlange trinkt. Vor
Aachen stehen in einer Gruppe Elberfeld und Crefeld,
Webschiffchen und einen Maulbeerzweig haltend; diesen
allen gegenüber im Hintergründe Trier mit der Porta
Nigra und dem Merkurstab, zu ihren Füßen ein Wein-
stock; neben Trier steht Koblenz, einen Fuß auf Ehrcn-
breitenstein gestützt, in den Händen Schwert und Weinrebe;
im Vordergründe gruppiren sich Bonn und Düsseldorf;
diese von der Hauptsccne abgewendet, will einen kleinen
Knaben, der ihr ein Gemälde entwendet, festhalten, er
scheint ihr eine Palette dafür zu bieten. Bonn hält die
erste Stiftungsurkunde seiner Universität vom 20. Nov. 1786
in der Hand. Hoch oben am Postament über den Schlacht-
namen halten zwei Kinder einen Schild empor, bestimmt
die widmende Inschrift zu tragen. — Auf der einen Seite
des Postaments ist unten ein kleiner Mercur-Knabe mit
der anfgerollten Zollvereinskarte dargestellt, diese so wich-
tige Schöpfung zu verzeichnen. — Auf der anderen Seite
befindet sich eine Trophäe, auf dem Wappenschilde dersel-
ben stehen rings um den Adler die Namen der acht Pro-
vinzen. — Die beiden kleinen Basreliefs am Kerne des
Postaments, welche dem König persönlich gewidmet sind,
das vordere Schild und hinten das Landwehrkreuz sind
von vergoldeter Bronce, die übrigen Skulpturen von
Broncc, der Kern des Postaments von weißem Marmor,
die beiden Stufen aber von dunkelem Gestein angenommen.

Man ersieht aus dieser dem Worttext des Künstlers
entnommenen Beschreibung, daß die Menge theils symbo-
lischer theils realistischer Figuren, deren Anordnung für die
architektonische Gliederung des Ganzen allzuwenig symme-
trisch sich darstellt, einen entschieden genremäßigen Eindruck
machen muß. WaS die Hauptfigur betrifft, so ist der Kö-
nig in ziemlich schnellem Schritt reitend dargestellt, was
der Gestalt eine gewisse Unruhe verleiht. Er ist entblößten
Hauptes aufgefaßt und hält den Kopf etwas nach oben
gerichtet, was für die Anschauung von unten nicht günstig
ist, da das Gesicht sich zu sehr verkürzt. Trotz aller dieser
Mängel macht das Ganze einen entschiedenen Eindruck
von Originalität und würde sich in dieser Größe ausge-
führt ganz gut ausnehmen; ob es in'kolossalen Dimensionen
noch denselben guten Eindruck machen würde, ist freilich
sehr zu bezweifeln, weil dann die gerügten Mängel noch
mehr hervortreten, die Originalität der Form aber leicht
kapriciös erscheinen dürfte. (Forts, folgt.)
 
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