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Die Dioskuren: deutsche Kunstzeitung ; Hauptorgan d. dt. Kunstvereine — 7.1862

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https://doi.org/10.11588/diglit.13516#0294

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278

Außenseite dennoch ein echter Bürgerkönig. Als Sieger
maaßvoll und ohne Hochmuth, seiner Familie ein trefflicher,
liebender Vater; äußerst sparsam im Staatshaushalt, wo
möglich noch einfacher im eigenen Hause und in seinen
Sitten, war er von unbestechlicher Rechtschaffenheit; Eigen-
schaften, die einen Fürsten auch über das Grab hinaus
bei guten Bürgern vor Vergessenheit schützen. Nachdem
der Feind vertrieben, das Vaterland befreit, verschmähte
es Friedrich Wilhelm, als Ersatz für heimische Bildung
und Gesittung, wie das anderswo geschieht, seine siegrei-
chen Heere in auswärtigen, frevelhaften und sinnbethören-
den Kriegen zu gebrauchen; er erhielt nicht allein seinem
Lande, sondern durch seine Machtstellung auch Europa wo
immer möglich den Frieden. Glänzender aber als durch
alle ruhmwürdige Schlachten steht der König als Begrün-
der der Schulbildung da, der erste Fürst, der am Abende
eines langen Daseins sich rühmen konnte: In meinem
Reiche kann Jeder, auch der Aermste, lesen und schreiben.
Er zeigte der Welt, daß man ein trefflicher und mäch-
tiger Fürst sein kann, ohne, von Spähern und Leibwächtern
umgeben, durch unwürdige Thatcn und trügerische Phrasen
das Regiment zu führen. Ein Vater des Vaterlandes zu
sein, das war sein Bemühen und seines Lebens Inhalt.
Nichts war diesem einfachen Fürsten fremder als persön-
liche Schaustellung.

. Daraus folgt, daß Friedrich Wilhelm HI. nicht in
militärischem Anzuge und zu Pferde (alexandrinisch oder
ü In Louis XIV.) seinem Volke vorgeführt werde, sondern
durchaus als König, nicht blos durch Portrait, sondern
durch königliche Tracht erkennbar." Nach dieser Feststellung
des allgemeinen Standpunkts für die besondere Gestaltung
des Grundgedankens geht nun der Künstler aus die näheren
formalen Fragen ein, namentlich auf die nach dem Stil
des Denkmals; und wir können ihm in dieser Beziehung
nur Recht geben, wenn er darüber bemerkt:

„Verstanden kaum, wenn auch bewundert, aber nur
von Wenigen empfunden 'wird das klassische Alterthum;
mit zu abgeschlossenen und unnachgiebigen Zügen blickt
uns die Gothik an, um Darstellungen aus der römischen
und neuesten Zeit Aufnahme zu gewähren, und in allem
Ernste wird nicht leicht Jemand Rokoko empfehlen. Was
wählen wir also? Das, was man Renaissance nennt, ist
die glückliche Mitte, die zugleich die herrlichsten Erfolge
und in Schlüter den preußischen Michel Angelo aufzu-
weisen hat. — Welches Material soll zu dem Denkmale
verwendet werden? Weder Bronce, noch Marmor, sondern
Stein. Durch kostbares Material würde das Monument
an Größe und Umfang außerordentlich verlieren, da selbst
das mit großen Kosten (400,000 Thalern) errichtete Frie-
drichs-Denkmal in Berlin nur 43 Fuß rheinisch hoch ist.
Bronce und anderes Metall haben zu allen Zeiten und
selbst bei vorübergehenden Invasionen die Raubsucht und
Roheit angelockt; dadurch allein erklärt es sich auch, wes-
halb so außerordentlich wenig derartiges Bildwerk aus
der Vergangenheit auf uns gelangt ist. Ja, stände das
Denkmal in Mitte prunktvoller Paläste und Parks, so
träte die Luxusfrage mit ganz anderer Berechtigung auf,
wie hier, in einer Stadt, wo von jeher das herrschende
Bürgerthum seinen Wohnsitz hat. Unsere herrlichen
Gotteshäuser, die Thürme alter Patriziate, dann die statt-
lichen Thore und zum Theil die Wasserseite von Köln
bilden den kennzeichnenden Charakter der Stadt. Alle
modcrnisircnden, dem vorhandenen Typus entgegenarbei-
tenden Einschaltungen bleiben, wenn nicht geradezu störend,
so doch wirkungslos; den Cyklus des Vorhandenen zu er-
gänzen, zu heben und zu verschönern, ist die Aufgabe des
Künstlers." —

Gegen diese Ansichten, ebenso gesund wie sackgemäß,
läßt sich wohl nichts erinnern. Was die nun folgende
Beschreibung des Denkmals selbst betrifft, so werden wir
etwaige Bedenken theils sofort theils am Schluß aussprechen.

„Das Königsdenkmal soll, als das höchste in Deutsch-

land, mindestens 100 Fuß rh., also mit seiner Spitze die
Stadt überragend, am Westende des Neumarkts, des
schönsten und besuchtesten Platzes, ausgebant werden, weil
ein Hintergrund von Bäumen rc. und links die schöne
Apostelnkirche eine größere und malerische Wirkung erzielt,
als die verlassene Stellung in Mitte eines großen Platzes.
Ueber das Niveau des Platzes wird sich eine erhöhte Fläche
mit Galerien erheben, zu welchen 4 Freitreppen führen.
An den 4 Ecken des Ganzen befinden sich eben so viele
Brunnen, welche wiederum dem Denkmale belebende Grup-
pen zuführen. Bei Volsfesten werden ohnedies erhöhte
Bühnen von Holz gebaut; in Zukunft möge das Plateau
dazu dienen; gleichzeitig entbehren wir dadurch der häß-
lichen Absperrung von Denkmälern durch Ketten oder an-
dere Einfriedigungen."

Hierauf folgt nun eine detaillirte Beschreibung der
Sockels, und zwar zunächst von dessen unterster Abthei-
lnng, welche in den vier Reliefdarstellungen, die abermals
vielfach gegliedert sind, ein Kompendium der Geschichte
Kölns von seiner Gründung durch die Römer an (50 nach
Ehr. Geb.) bis ans die französische Revolution herab ent-
halten soll. Hiegegen möchte nun das Bedenken, daß
diese Darstellungen wegen der nicht vorauszusetzenden ge-
nauen Kenntniß der Detailgeschichte unvolksthümlich und
allzuweit zurückgreifend seien, um so mehr in's Gewicht
fallen, als sie gerade durch ihre geringe, dem Auge un-
mittelbar erreichbare Höhe zur genaueren Anschauung
vorzugsweise einladen. Außerdem möchte auch daran zu
erinnern sein, daß es sich bei diesem Denkmal doch nicht
sowohl um eine Verherrlichung der Stadt Köln als um
eine von der letzteren dargebrachte dankbare Erinnerung
an den König Friedrich Wilhelm III. handelt, dessen Be-
ziehung zu dieser specisischen Entwicklungsgeschichte der Stadt
mindestens als eine sehr erzwungene erscheint. Unserer
Ansicht nach thäte der Künstler besser, statt dieser kompen-
diösen und schon darum unverständlichen Geschichte eine
Reihe von Reliefs zu geben, deren Motive gerade von
der Zeit beginnen, wo jene aufhören, nämlich von Anfang
dieses Jahrhunderts, so daß die darüber liegende Abthei-
lung, sowie die auf den Sockelvorsprüngcn stehenden Hel-
denfiguren 'sich mit unmittelbarer Verständlichkeit daran
anschließen. Diese obere Abthcilung der Sockelreliefs be-
handelt nämlich die Freiheitskriege und zwar in folgenden
vier Gesammt-Motiven 1. der „Trauer" (auf der Rück-
seite: „König Friedrich Wilhelm und die Königin Louise
beklagen in ihrem Trauergemache das Schicksal ihres Volkes
und den Tod des Prinzen Ludwig Ferdinand, -f bei Saat-
feld. — Vor einem Krucifix hält der König in gefalteten
Händen das Schwert und betet um Sieg für seine gerechte
Sache, die Königin ringt die Hände. Ans offener Bahre
trägt man den Prinzen Ludwig Ferdinand vorüber." —
2. DerAufruf" (rechts): „DerKönig steigt vom Throne,
in der Hand die berühmte Ansprache: „An mein Volk".
Ihm gegenüber Arndt und Max von Schcukcnborf, an-
feuernd. Es eilen zum Könige die stürmische Jugend, ein
Student (mit dem Schwert), der Bürger (mit der Bückse)
und der Bauer (mit der Sense). In der Mitte ein Opfer-
tisch ; eine Frau nimmt ihre Halskette ab und ein Kind leert
seine Sparbüchse. Im Hintergründe breitet die nun ver-
klärte Königin segnend ihre Hände aus". — 3. Der „Sieg"
(vorn): „In der Schlacht bei Waterloo schlägt Blücher,
der Heldengreis, den Feind. Der Krieg, in seiner nackten
Wirklichkeit. Die galanteren Formen von Fontenoy haben
schon längst aufgehört; hier ficht uubezwinglich der luror
Teutonicus. Cambronne wird mit seinen Garden erschla-
gen, ebenso die Kürassiere von Milhaud". — 4. Der
„Triumph (links): „Der König auf seinem Throne in
königlichem Ornate, in der Rechten eine Ansprache an die
Bewohner der Rhcinlande, die linke betheuernd aus der
Brust, um ihn herum die Großwürdenträger des Reichs.
An beiden Enden Herolde mit preußischen Panieren, der Hin-
tergrund mit Kränzen festlich geschmückt." (Schluß folgt.)
 
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