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Die Dioskuren: deutsche Kunstzeitung ; Hauptorgan d. dt. Kunstvereine — 7.1862

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https://doi.org/10.11588/diglit.13516#0342

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326

Umgebung überragenden Terrain der Alsterhöhe ausgeführ-
ten Bau nicht beeinträchtigst sondern erhöht werde. —■ Die
lautgewordene Ansicht, daß man lieber erst Volksschulen
bauen solle, da eine Kunsthalle lediglich für die höheren
Klassen der Bevölkerung Interesse und Nutzen habe, be-
stritt der Redner, indem er darauf hiuwies, daß ein Blick
in die jetzige Gemäldegalerie an Sonntagen zeige, daß
gerade die untern Klassen sie besonders stark besuchen. —
Nachdem F. G- Stamm an noch mitgetheilt hatte, Di-.
Abcndroth, Vorsitzender des Coiuitö's für den Bau einer
Kunsthalle, habe ihm gesagt, das Comitö werde auch im
Nothfall mit dem früheren Beschlüsse der Bürgerschaft zu-
frieden sein, woraus Dr. Abendroth bemerkte, es sei von
der Majorität jenes Comitü's allerdings beschlossen, die
einmal begonnene Arbeit nicht sofort niederzulcgen, wenn
der Senatsantrag abgelehnt werde: wird der Antrag des
Senats mit dem von Di-. Schleiden gestellten Amendement
einer nur theilweisen Abtragung der Alsterhöhe an-
genommen. —1 Auf Antrag von H. Schädtler wird so-
dann beschlossen, den Staatszuschuß von 125,000 Ast Court,
auf die Ueberschüsse früherer Jahre, die AbtraguugSkosten
der Alsterhöhe bis zu 44,000 M. aber aus das Baukonto
zu übernehmen. Die General-Abstimmung ergab 97 Stim-
men dafür und 16 Stimnien gegen die gefaßten Beschlüsse,
also ein desinitives Resultat.

| London, 27. September. (Die internationale
Kunstausstellung. VIII. Di e Oesterreich er.) Daß
die Oesterrcicher von den Deutschen in der Ausstellung
getrennt sind und eine besondere Nation bilden, hat den
rein äußerlichen Grund, daß auch hier, wie in der In-
dustrieausstellung Deutschland nicht Deutschland, sondern
Zollverein heißt, also, wenn auch nicht im Katalog, doch
in den Ausstellungssälen selbst seinen Namen hat aufgeben
müssen. Eine kunsthistorische Bedeutung kann diese Tren-
nung nicht haben, da die Maler Oesterreichs sich bekannt-
lich entweder der uazarenischcn Richtung Ovcrbeck's (Füh-
rich, Kupelwieser) anschließcn, oder als müuchener Zöglinge
mehr oder weniger im Geiste von Cornelius und Schnorr
arbeiten; besonders unter den Letzteren steht völlig isolirt K.
Ra hl, Wiener von Geburt, Benctianer von Geist und
Kolorit. Nur in der Genremalerei läßt sich eine eigen-
thümliche, meist der Schilderung dcS österreichen Volks-
lebens gewidmete Richtung (Danhauser, Waldmüller u. A.)
erkennen, während dagegen die Landschaft in den verschie-
densten Richtungen auseinandcrgeht.

Mau kann nicht behaupten, daß die Oesterreicher in
der Einsendung ihrer Kunstwerke ein planmäßiges Ver-
fahren beobachtet haben, noch daß sie sich überhaupt sehr
auszeichnen; im Allgemeinen bringen sie Werke der letzten
Jahre, denen nur sporadisch einige Werke von Füger
akademischen Andenkens und von dem noch älteren, heutzu-
tage ziemlich vergessenen M. F. Qua dal beigcfügt sind;
von Letzteren: vielleicht deshalb, weil er durch seinen län-
geren Aufenthalt in London den Engländern noch von In-
teresse sein mag. Für mich hat wenigstens seine „Revue
unter dem Kaiser Joseph II." kein anderes Interesse als
das des Kvstüms. Was diese beiden Ueberbleibsel der
guten alten Zeit hier sollen, ist in der That nicht abzu-
sehen. — Schon etwas mehr in die neuere Zeit versetzt
uns der früh verstorbeneue S ch cf fe r v. L e o n h a r d t s h o f
(„die heilige Cccilic"), der zwar im allgemeinen der Rich-
tung Ovcrbeck's huldigt, aber nicht wie dieser die Kunst
der Religion, sondern die Religion der Kunst unterordnet.
Da im llebrigen diese Schule nur durch Führ ich's
„Trauernde Juden" vertreten ist, die man ja nicht mit Ben-
d emaun's gleichnamigem Bilde vergleichen darf, so bleiben
von der ganzen wiener Historienmalerei nur die auch schon
bekannte, früher über Gebühr gepriesene „Christcuvcrfolguug
in den Katakomben Rom's" von Rahl, die wirklich sehr
gute „Begegnung Tizians und Paul Beronese's" von dem
mir bisher unbekanntem Benctianer Aulvuio Zoua und

die kleine „Auffindung der Leiche König Ludwigs II. von
Ungarn" von dem Ungar Szekely übrig.

Obgleich Wald Müller weniger gut zu malen als zu
denken verstehst ist er doch der anziehendste unter den ver-
tretenden Genremalern der Oesterreicker. Bilder, die ihn
vollkommen kennzeichnen, sind „die Besserung am Christ-
abend" und die pshchelogisch noch feiner durchgeführte „Auf-
nahme des neuen Lehrlings." Schade, daß seine Malerei
an einer zu großen Glätte leidet. Außer ihm ist im Genre
wenig Bedeutendes vorhanden, denn Danhauser wird,
wenn auch die Vorzüge seiner Malerei sich nicht verkennen
lassen, doch durch den Inhalt seiner Bilder weniger gut
charakterisirt. Nicht ohne Verdienst sind die zum Theil
aus anderen Ausstellungen schon bekannten Leistungen von
Neu st älter, Franz Ehbl, Ed. End er, Amerling
und Schönn.

Das verhältnißmäßig am besten besetzte Fach der öster-
reichischen Malerei ist die Landschaft, der sich mitunter,
wie in Joh. Raffalt's gut charakterisirtein „Ungarischen
Pferdemarkt" und in einigen der bekannten Gaucrmann'-
schen Bilder, das Thiergenre zugesellt. Die meisten dieser
Landschaften, nur mäßig von Dimension, zeigen bei großer
Verschiedenheit der Naturauffassung einen richtigen Takt
für die malerische Komposition und eine gesunde Weise
des Vortrages. Dahin gehören Hansch's „Ansichten der
Duxer Alpen und der Oetzthaler Fernen", Brodozkh's
„Plattensee in Ungarn" und ein Bild des verstorbenen
idealen Marko; ferner der hier in Hellem Morgenlicht
erscheinende beliebte „Chiemsee" von Haushofer, Sch äf-
fe r's „Köuigssee" und das wohl ebensosehr dem Genre
wie der Landschaft angehörende Bildchen von Petten-
kofeu „Die badenden Zigeuner."

Sie sehen also, daß die künstlerische Bedeutung der
aus Oesterreich eingesaudten Bilder nicht der Art ist, daß
sie es rechtfertigt, eine besondere Sectiou daraus gebil-
det zu haben. Im Fache der Kunst hätte sich Oesterreich
füglich dem „Zollverein" anschließen sollen.

A Palermo, Anfang Oktober. (Das projektirt e
Museum in Palermo). König Franz I., damals Kron-
prinz, hatte zur Zeit der französischen Okkupation von Nea-
pel eine große Menge von Kuustgegenstäuden nach Sici-
lien herübergebracht, welche nun den Anfang der in der
hiesigen Universität enthaltenen Sammlung bilden. Durch
Ausgrabungen, Schenkungen und der seit der letzten Revo-
lution hinzugekommenen Sammlung, welche sich im früheren
Jesuitenkollegium Hierselbst befand, ist der Bestand der
Gemälde und archäologischen Gegenstände zwar bedeutend
angewachsen, — viele, noch uuuntersuchte Antiquitäten
Münzen u. s. f. mögen Interessantes enthalten — doch ist
das Material im Vergleich zu andern Museen freilich
noch gering genug zu nennen. Man wird das Vorhan-
dene erst dann richtig beurtheilcn können, wenn man über-
haupt eine Uebersicht darüber erlangen wird. Ein großer
Vorrath liegt in Schuppen und Ställen aufbewahrt, har-
rend auf die glückliche Auferstchungsstunde, die im neuen
Italien dem alten Ruhme von Kunst und Wissenschaft
noch einmal schlagen möchte. Wie aber überall, so fehlt
auch hier der eigentliche Hebel, das Geld; ein Mangel, an
dem der beste Wille erfolglos scheitert. Der neue Direk-
tor Hierselbst, Herr G. Ondes, hat diesen Satz seit den
zwei Jahren seiner vergeblichen Bemühungen wohl be-
währt gesehen. Er glaubte mit seinem Antritt eine neue
Kunstepoche aufblühen zu sehen und betrachtete sich selbst
als Gründer eines neuen Ruhms für Sicilien, das nun
dem wißbegierigen und neugierigen Auge des Fremden
Entschädigung bieten sollte für die schmutzigen, einer Reihe
von Lumpenbndcn ähnlichen Straßen. Auch die hier ver-
kümmernden wenigen Kunstjünger sahen einer neuen Acra
entgegen nach einer langen thatlofcn Vergangenheit. Hr.
Ondes meinte selbst auf den Srnn für Schönheit und
Ordnung in der Masse wirken zu können. Erweiterung
 
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