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Die Dioskuren: deutsche Kunstzeitung ; Hauptorgan d. dt. Kunstvereine — 7.1862

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https://doi.org/10.11588/diglit.13516#0358

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342

vielleicht durch die neueren Ereignisse in Frage gestellt
werden dürfte). Der Fries ist drcitheilig mit zwei großen
Seitenbildern in den vorspringeuden Flügeln des Gebäudes.
König Otto auf dem Thron, umgeben von den Wissen-
schaften, die auf der Universität gelehrt werden sollen;
in den Seitenfeldern die Kulturgeschichte des herrlichen
Volkes, das der Lehrmeister aller Zeiten geworden, mit
den beiden Heroengestalten; „Prometheus, der das Feuer
vom Himmel bringt," und „Paulus, der ans dem Markte
zn Athen das Christenthum prediget," als Marksteine seines
Ein- und Ausganges. — Ein eben in der Ausführung
begriffenes, von Baron Schack in München bestelltes Ge-
mälde hat den Untergang eines edelen und gewaltigen
deutschen Volksstammes zum Gegenstände, der zuerst die
festen Alpenkastelle durchbrach, das unüberwindliche Rom
erschreckte und das Vorspiel zu jenen Kämpfen begann,
welche nach fünfhundert Jahren mit dem Sturze des rö-
mischen Kaiserreichs endigten. Das Bild zeigt den un-
glücklichen Ausgang der „Cimbern-Schlacht" am 29. Juli
102 in der Po-Ebene. Die Schlachtordnung der Deut-
schen ist durchbrochen, die übermächtigen Sieger unter
Führung des Marius stürmen gegen die Wagenburg zur
Rechten heran, gegen die heldenmüthigen Weiber, welche
den Tod suchen, um nicht als Siegesbente in die Hände
der Feinde zu fallen. Sic kämpfen mit verzweifelter
Wuth, rufen ihre fliehenden Männer zum Widerstande
auf, hängen sich mit ihren langen Haaren an die Hörner
der Stiere; und als Mittelpunkt in dieser Scene des
Schreckens erscheint eine weibliche Heroengestalt, die mit
entsetzlicher Wildheit ihr Kind dem anstürmenden Feinde
cntgegenschlendert. Diese Gruppe ragt über alle anderen
Episoden des Kampfes hervor. Durch ihre kompositionelle
Anordnung hat ihr der Künstler eine Macht und Größe ver-
liehen, die sie bildlich wirken läßt, wie etwa der Kampf
der Dreihundert im Engpaß von Thcrmopylä geschichtlich
wirkt. —

Der Stofs von vier anderen größeren Bildern, welche im
Aufträge des Baron Sina ausgeführt werden, leitet uns von
dem Boden der deutschen Geschichte wieder in die Heroenzeit
des Griechenthums zurück. Das erste stellt die schöne Königs-
tochter Aethiopiens, Andromeda dar, wie sie von Danaens
Sohn, dem Helden Perseus, befreit wird; das zweite Ja-
son, den Eroberer des goldenen Vließes. Die vier Morgen

Landes sind gcflllgt, die auS der Drachensaat entsprungenen
geharnischten Männer mit Hilfe Medea's beseitigt, der
Drache, der das Heiligthum bewacht, eingeschläfert; Ja-
son nimmt das Vließ vom Baum, an einer Seite Me-
dea. Das dritte Bild zeigt den göttergleichen Paris, den
drei Göttinen auf dem Jda zum Richter ihrer Schönheit
erwählten, als Entführer des schönsten Weibes Griechen-
lands ans dem Hause des Gatten zu Sparta. Zögern-
den Schrittes folgt Helena dem Verführer, Kupido drängt
die Zagende vorwärts hinab zn dem Schiffe, lieber die-
ser Gruppe schwebt schützend die Göttin der Liebe, die ihr
Versprechen erfüllt, unbekümmert um das Unheil, dem sic
selbst ihre Lieblinge preis giebt. Aus den offenen Tho-
ren des entweihten Palastes stürzt das Hausgesinde her-
vor, jammernd über den nnverhörten Frevel, der ganz
Griechenland zur Rache und Sühne entflammte. — In
dem vierten Bilde tritt endlich Iphigenie auf, die ihre
Mutter in's Lager nach Aulis brachte, um sie dem Achill
zu vermählen, und die nun Dianen geopfert werden soll,
damit die erzürnte Göttin die Fahrt nach Troja gestatte.
Der Altar ist gerüstet, das Messer bereit: da tritt Diana
aus den Wolken hervor und verhüllt das Opfer den Augen
der Griechen, um es nach Tauris zu bringen.

Bei dieser Gelegenheit sei es mir verstattet, auch der
vier Fresken zu erwähnen, welche im Speisesaale des
Sina'schcn Palastes von Krippenkerl und Eisenmen-
ger nach den Skizzen Rahl's ausgeführt wurden. Sie
stellen die vier Elemente vor. Das „Wasser" ist ver-
sinnbildlicht durch die leuchtende Meeresgöttin über den
Wogen. Ihre Genien nähren die Quellen aus ihren
Muscheln und gießen segenbringenden Regen über das
Land; die „Luft" erscheint als eine schöne junonische
Gestalt auf einem Wolkenthron von den vier Winden um-
geben, das „Feuer" als Hestia, die Schale mit dem
heiligen Feuer in der Hand; zur Seite der profane und re-
ligiöse Gebrauch des wohlthätigen Elements, eine Schmiede
und ein Opferaltar, die „Erde" als Allerzeugerin mit
dem Füllhorn und den vier Jahreszeiten, welche ihre Ga-
ben entgegenbringen. Abgesehen von dem Werth der Kom-
positionen, die ein Verdienst des Meisters sind, muß der
Ausführung in einem Materiale, an dem sich unsere besten
Künstler bisher nicht immer zu ihrem Glücke versucht ha-
ben, besonders rühmend gedacht werden.

Kunst-

Berlin. — In der am 25. Oktober zu Bonn abge-
haltcnen Sitzung des Comites für Arndt's Denkmal
ist die Anfertigung des Arndt-Standbildes dem Bildhauer
Afinger definitiv übertragen worden.

— — lieber die hiesige akademische Kunstaus-
stellung bringt die Oktoberbcilage der in Wien erschei-
nenden, sonst vortrefflich redigirten „Recensionen und Mit-
theilungen über Theater, Musik und bildende Kunst" einen
Bericht, der sich nicht nur durch Oberflächlichkeit sondern
auch durch schiefe Auffassung auszeichnet. Wir können
auch bei dieser Gelegenheit nicht umhin, die schon öfters
dem in Brüssel erscheinenden Journal des Beaux-Arts ge-
machte Bemerkung zu wiederholen, daß gerade die bessern
auswärtigen Journale in der Wahl ihrer Berliner Korre-
spondenten besonderes Unglück haben. Nach einer kurzen,
das vorgeblich hierorts mehr und mehr schwindende In-
teresse an der Kunst betreffenden Bemerkung fährt der Ver-
fasser fort: „Und doch — sollten trotzdem nicht ein paar
Meisterwerke vermögen, von der halben Million der Ein-
wohner Berlins und von den Fremden, welche täglich
allein in den ersten Hotels der Stadt absteigen, täglich
ein paar Hundert in die Säle der Akademie zn locken?
Die Frage i)t leider eine müßige, da diesmal solche
Werke auf der Ausstellung fehlen." In der Thal
ist diese Frage eine.„müßige", aber nicht weil „Meister-

Chromk.

werke auf der Ausstellung fehlen", sondern weil diese Be-
hauptung ebenso grundlos ist, wie die als selbsivcrständlich
vorausgcsetzte Angabe, daß die Ausstellung nur spärlich
besucht wird. Der Rechnungsabschluß wird ausweisen,
daß abgesehen von den zahlreichen, mit freien Entree's
versehenen Personen, worunter sich sämmtliche Aussteller
befinden, täglich mindestens 6 — 700 Personen die Aus-
stellung besuchen. Welchen Zweck der Korrespondent hat,
dergleichen Unwahrheiten zu verbreiten, ist schwer zu sagen.

' Aber wir hoffen von der Redaction der „Recensionen",
daß sie — im Interesse der Wahrheit sowie in ihrem
eigenen — das auf Kenntnis; der Sachlage begründete
Dementi, welches wir hiermit ihrem Berliner Korrespon-
denten zu geben uns für verpflichtet halten, nicht unbe-
rücksichtigt lassen werde.. — Was den zweiten Vorwurf
der Oberflächlichkeit betrifft, so wollen wir nicht darauf
Hinweisen, daß er Karl Becker, diesen in rein vcnetia-
nischem Kolorit malenden Meister, als einen Nachahmer
Meissoniers und Chavets (!) bezeichnet, auch nicht darauf,
daß er Amberg und Borckmann „in derselben Gattung
am vortheilhaftesten hervortreten" läßt, sondern darauf,
daß er das Hauptbild der ganzen Ausstellung, Kraus'
„Tizian und Sebastian del Piombo" mit keinem Worte
erwähnt; wie er auch Hcckcl's „Judith zeigt dem Volk
von Bethulien das Haupt des Helofcrnes" nennt, während
 
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