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Neue Ornamentik und deren wissenschaftliche Grundlage.
TINI RUl'PRECHT—MÜNCHEN.
Kinder-Doppel-Bildnis.
nicht. Sie glauben diese Errungenschaft im
Aufbau des ganzen Ornamentes beibehalten
zu müssen und endigen infolgedessen oft in
Eintönigkeit und Leblosigkeit. Man trifft
in letzter Zeit häufig Flechten als orna-
mentalen Schmuck. Der Autor wird sich
gesagt haben, dass eine Flechte ein ent-
zückendes Gebilde ist, das man vorteilhaft
zu einem Ornament verwenden könne. Dabei
vergass er aber, dass ihn als Künstler nicht
die Flechte an sich erfreute, sondern nur deren
wundervoller Bau, genauer, ihr gezackter
Rand, welcher der Hauptsache nach aus
rechtwinkeligen Blättchen besteht, die unter
gewissem Winkel aneinander gereiht sind,
also eine bestimmte, wenn ich mich so aus-
drücken darf, gebrochene Kurve bilden.
Warum zeichnet er also die ganze Pflanze,
wo es einzig und allein eine bestimmt ge-
artete Kurve ist, die ihn interessiert? Es
ist doch klar, dass die Wirkung viel inten-
siver sein muss, wenn er ganz von allem
uninteressanten Beiwerk absieht und uns
lediglich dies eine Ausschlaggebende bietet.«
— Das Wesentliche ist also, dass der Künstler
nun nicht mehr als der unterwürfige Almosen-
Empfänger vor die Natur tritt, wie das der
Naturalismus bisher forderte, sondern dass er
als ein frei wählender Gebieter dasteht, der
nach einem in seiner Persönlichkeit leben-
digen Gesetze scheidet, sichtet, gestaltet und
zu neuem, vielleicht »ewigen« Leben erhebt.
Neue Ornamentik und deren wissenschaftliche Grundlage.
TINI RUl'PRECHT—MÜNCHEN.
Kinder-Doppel-Bildnis.
nicht. Sie glauben diese Errungenschaft im
Aufbau des ganzen Ornamentes beibehalten
zu müssen und endigen infolgedessen oft in
Eintönigkeit und Leblosigkeit. Man trifft
in letzter Zeit häufig Flechten als orna-
mentalen Schmuck. Der Autor wird sich
gesagt haben, dass eine Flechte ein ent-
zückendes Gebilde ist, das man vorteilhaft
zu einem Ornament verwenden könne. Dabei
vergass er aber, dass ihn als Künstler nicht
die Flechte an sich erfreute, sondern nur deren
wundervoller Bau, genauer, ihr gezackter
Rand, welcher der Hauptsache nach aus
rechtwinkeligen Blättchen besteht, die unter
gewissem Winkel aneinander gereiht sind,
also eine bestimmte, wenn ich mich so aus-
drücken darf, gebrochene Kurve bilden.
Warum zeichnet er also die ganze Pflanze,
wo es einzig und allein eine bestimmt ge-
artete Kurve ist, die ihn interessiert? Es
ist doch klar, dass die Wirkung viel inten-
siver sein muss, wenn er ganz von allem
uninteressanten Beiwerk absieht und uns
lediglich dies eine Ausschlaggebende bietet.«
— Das Wesentliche ist also, dass der Künstler
nun nicht mehr als der unterwürfige Almosen-
Empfänger vor die Natur tritt, wie das der
Naturalismus bisher forderte, sondern dass er
als ein frei wählender Gebieter dasteht, der
nach einem in seiner Persönlichkeit leben-
digen Gesetze scheidet, sichtet, gestaltet und
zu neuem, vielleicht »ewigen« Leben erhebt.