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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 12.1903

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Greiner, Daniel: Joseph Sattler und seine Werke
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https://doi.org/10.11588/diglit.6693#0152

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442

Dr. Daniel öreiner— Berlin : Jofeprj Sattler-Berlin.

mebr zu merken. Die 3eid]nung ift aufier-
orbentlidj großzügig unb ficrjer, bie Kom-
pofition ift überall aufjerorbentlidj klar
unb einfach. Blies Überflüffige ift hier Der-
mieben, burcrjgängig eine einfacbbeit unb
öröfie, bie bas Werk zu einer klaffifcben
Sd]öpfung ftempelt. In koloriftifcber Be-
zierjung finb bie in „ITTelne fjarmonie" fo
oerrjeißungsDoll angefcblagenen Töne zu
breiten, Döllen fjarmonien gereift. Immer
finb es 3 ober 4 Töne, bie in feinfter Bb-
roägung mit fparfamer, aber rjod]roirkfamer
Derroenbung oon aufgerjörjtem öolb einen
flkkorb oon feinfter Stimmung unb reinftem
Klange ergeben. Ulles in allem, roarjrlid)
ein Eebens=IDerk, auf bas Jofepb Sattler mit
Freube unb Stolz fcbauen barf.

In bie 3eit ber Arbeit an ben 3eid]-
nungen zur „öefcbicbte ber rrjeinifdien
Stäbtekultur" fällt noch ein anberes IDerk,
bas (crjon erwähnt tuurbe. In bem Buche
„JITeine fjarmonie" machte ber Künftler ben
rjödift eigenartigen Derfucb, feine Ton-
Cmpfinbungen in bie irjm gleichwertigen
Farben = c;tnpfinbungen zu übertragen, be-
ftimmte Farben erwecken irjm, wie beftimmte
Ton=IDerte, ganz beftimmte Gefühle, fo er-
roeckt irjm grün, bie Farbe bes oergäng-
lidjen Gräfes unb Eaubes, bie öebanken unb
Gefühle bes Uergänglidjen, bes immer-
roäljrenben Weddels unb fctjliepcrj bes Tobes,
rot ift irjm ber flusbruck ber Ijöcrjften 6e-
fühle ber Freube, ber Eiebe, bes Geiftes.
Inbes ift bamit wenig gefagt. TTTan muß
bas bodiintereffante IDerk felbft ferjen, fein
Inhalt kann m. G. aucrj mebr nadjempfunben
unb gefühlt, als
in TDorte gekleibet
werben. IDas ber
Künftler will, kann
am beften aus ben
pradjtoollen, tief-
finnigen, farbigen
Blättern beraus-
empfunben wer-
ben, bie ber Künft-
ler ibm beigegeben
bat, unb bie zu
ben reifften Eeift-
ungen feiner Kunft

Jofeprj Sattler—Berlin.

geboren. — öerabe in biefem Werke zeigt fidi
klar bie Eigenart biefer künftlerifcben Perfön-
lidikeit. Ruhige, klare, einfache Kompofition,
fefte, fiebere 3eidjnung, ein fdjwermütiges,
äufierft ftimmungsDolles Kolorit; ein feier-
lieber, tiefer Grnft, ber Seift ber Schwere,
eine ftark peffimiftifcb angehauchte TDelt-
Betrachtung rebet aus biefen wunberuollen
Blättern. Sattler's Kunft ift ernft unb tief.
Cr ift ein Poet, aber feine Poefie bat einen
fjaudj Don Schwermut. Gin leichtes Düfter
legt fich über feine Stimmungen unb Farben,
fdjwere ernfte Bkkorbe ftrömen Don feinen
Saiten. Seine prachtvollen öeftalten kommen
nicht uom Fefte unb gehen nicht zum Fefte,
ein herber 3ug umfpielt ftets bie feinen
Eippen feiner Köpfe. Gs finb TTIänner, bie
im Kampf bes Eebens bart geworben finb,
in beren 3üge bie Eeibenfdjaften ihre un-
Derroifcbbaren Spuren zurückgelaffen haben.
ITfänner Don echtem Schrot unb Korn, knorrige
beutfehe öeftalten finb mit knorrigen feften
3ügen wiebergegeben. Sattler fchilbert bas
Eeben Don feiner rauben Seite, ben rx»ilb-
tofenben Kampf, ben Schrecken unb bas
Gntfetjen, bie ITIacbt bes Tobes. Sein Griffel
zeichnet trefflich ben Sohn ber TDilbnis, ben
ehrfamen Kaufmann, ben fjanbwerker, ben
kampfgetpobnten Krieger, ben berrfcbfüch-
tigen Priefter, ben Bauern unb fabrenbes
Dolk. Gs fehlen bie flnmut bes IDeibes, bie
fröhliche fjeiterkeit bes Kinbes, bas ölück bes
fjaufes. er ift beutfdj in feinem innerften
IDefen, aber er zeigt meift nur bie eine
Seite ber beutfetjen Dolks=Seele, ihren ernft,
ihre herbe, ernfte Schönheit, feltener bie

anbere ebenfo
beutfdje, basbod]-
finnige, beutfehe
Gemüt. Seine Kunft
mag nicht lachen,
fonbern zeigt mehr
bas Eädjeln ber
Ironie unb ber
Satire. Unb auch
fein köftlicber fju-
mor ift nidjt ohne
biefe Beimifcbung.
Sie ift nicht für
Pan=signet. bie Jüenge, fie er-
 
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