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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 12.1903

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Der "Goethe-Tempel" im Darmstädter Herrengarten
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https://doi.org/10.11588/diglit.6693#0224

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ADOLF ZELLER UND PROF. L. HABICH—DARMSTADT.

Der „ Goethe »üempel" im

Das kleine Denkmal, dessen Enthüllung
in diesen Tagen unter den ehrwürdigen
Wipfeln des Darmstädter Herrengartens be-
gangen worden ist, unterscheidet sich in
mehr als einer Beziehung von den mannig-
fachen grossen und kleinen monumentalen
Anlagen, welche in Deutschland seit dessen
ruhmreicher Einigung in fast überreicher
Anzahl errichtet worden sind. Der Ort, an
welchem es steht, sein architektonischer Auf-
bau und seine plastische Gestaltung, die Art,
wie es sich schüchtern zu verbergen scheint in
dem grünen Gerank des alten Parkes: das alles
ist etwas anderes, als man es sonst gewöhnt
ist. Der Volksmund wird, so steht zu ver-
muten, von einem »Goethe-Tempel« sprechen;
und doch ist es kein »Goethe-Denkmal«.
Es ist ebenso wenig ein »Merck-Denkmal«
noch auch ein Monument für Karoline Flachs-
land, die liebenswürdige Gattin Herders,
obzwar die Bildnisse aller drei den Marmor-
Sockel zieren, auf welchem sich die Bronze-

1903. XI. 6.

Goethe-Tempel. Enthüllt 30. Juni igoß.

Darmfrädfer ßerrengarfen.

Figur des Jünglings erhebt. Es ist kein
Ehren-Mal für Menschen, Dinge und Ge-
schehnisse, sondern es ist ein Erinnerungs-
Mal an eine wundersame Zeit, an eine Epoche
in unserem nationalem Geistes-Leben, an eine
kurze Reihe schwärmerischer Jahre, die uns
immer mit eigener herber Süsse und Weh-
mut erfüllen werden: an die »Werther-Zeit«,
die Jugend-Zeit der modernen Seele.

Hier hat man alles, was das kleine
Bild-Werk uns sagen möchte, das uns Ludwig
Habich in der von Adolf Zeller errichteten
pergola - artigen Laube aufgestellt hat. Die
Schöpfer des Werkes drängten sich daher
auch nicht damit auf den Markt. — Der Archi-
tekt wählte eine sehr einfache, antikisierende
Form: ein paar Stufen, ein paar Säulen;
nach rückwärts, um der Figur Halt und
Hintergrund zu geben, eine pfeilerartige
Mauer, in welche der Weihe-Spruch ein-
gelassen ist, darüber ein zierliches Holz-
Gebälk als Stütze für die Ranken, seitlich
 
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