Robert Breuer—Berlin - Wilmersdorf:
PROFESSOR RICHARD RIEMER SC FIMiD — MÜNCHEN.
Ausführung; Deutsche Werkstätten für Handwerkskuns
heißt körperhafte Symbole für die
Lebensart auswählen; das Publikum ist
das Orakel, das der Fabrikant und der
Händler dauernd befragt. — Gewiß, es
walten hier mancherlei Wechselwirkungen; dem
Publikum werden oft bestimmte Artikel auf-
gezwungen, werden ihm so verlockend an-
geboten, daß es unterliegen muß. Auf einigen
Gebieten, etwa auf dem der Kleidung, ist es
dem Verkäufer leicht möglich, die Führerschaft
zu übernehmen. Indessen, auch hier wirkt
das Publikum entscheidend, wenn auch indirekt.
Der Händler wird nur das als neue Mode
auf den Markt werfen, von dem er glaubt,
daß es gefällt. Also bleibt die Souveränität
der Käufer bestehen.
Das Publikum sollte dies
nutzen und sich dessen
nicht unwürdig zeigen.
* * *
Beim Einkauf soll man
sich weniger auf seinen
Geschmack als auf seine
Bedürfnisse verlassen. Der
Geschmack ist launisch;
die Bedürfnisse bleiben
konstant. Der Geschmack
ist individuell; die Bedürf-
nisse haben für ganze
Schichten Geltung. Man
denke an die Mietswoh-
nung; das Schema, der
Grundriß, wird bestimmt
durch das gleichartige Be-
dürfnis bestimmter Be-
völkerungsklassen. Der
Grundriß ist das Wesent-
liche; die Dekoration der
Räume, die den Ge-
schmack zufrieden stellt,
bleibt dagegen nebensäch-
lich. — Darum ist die erste
Frage: was brauche ich?
Man sollte sich keinen
»Salon« kaufen, wenn
man ihn nicht nötig hat,
weder weil Lehmanns
einen haben, noch weil
er »sich so gut machen
könnte«. Gut macht sich
nur, was notwendig ist;
alles Überflüssige wirkt
deplaziert. Komfort ist
nicht Häufung von Un-
brauchbarem , ist wohl-
überlegte, raffinierte Ge-
staltung und Zusammenstellung des Zweck-
mäßigen. Zunächst also: was brauche ich ?
und dann: wie entspricht es meiner Art? —
Unter diesem Gesichtswinkel zeigt es sich, wie
stark der Konsument die Produktion bestimmt.
Wenn der Größenwahnsinn die Bürger der
70 er Jahre nicht befallen hätte, wenn sie
nur das verlangt hätten, was ihrem Wesen
Ausdruck gab, so wären Schloßmöbel nie-
mals als Bazarware verschandelt worden, und
niemals hätte man Mietshäuser aus aufgeteilten
Palästen zusammengeklebt.
* * *
»Was gibt meinem Wesen Ausdruck; was
entspricht meiner Lebensart?« das seien die
Glas-Schrank
-Dresden.
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PROFESSOR RICHARD RIEMER SC FIMiD — MÜNCHEN.
Ausführung; Deutsche Werkstätten für Handwerkskuns
heißt körperhafte Symbole für die
Lebensart auswählen; das Publikum ist
das Orakel, das der Fabrikant und der
Händler dauernd befragt. — Gewiß, es
walten hier mancherlei Wechselwirkungen; dem
Publikum werden oft bestimmte Artikel auf-
gezwungen, werden ihm so verlockend an-
geboten, daß es unterliegen muß. Auf einigen
Gebieten, etwa auf dem der Kleidung, ist es
dem Verkäufer leicht möglich, die Führerschaft
zu übernehmen. Indessen, auch hier wirkt
das Publikum entscheidend, wenn auch indirekt.
Der Händler wird nur das als neue Mode
auf den Markt werfen, von dem er glaubt,
daß es gefällt. Also bleibt die Souveränität
der Käufer bestehen.
Das Publikum sollte dies
nutzen und sich dessen
nicht unwürdig zeigen.
* * *
Beim Einkauf soll man
sich weniger auf seinen
Geschmack als auf seine
Bedürfnisse verlassen. Der
Geschmack ist launisch;
die Bedürfnisse bleiben
konstant. Der Geschmack
ist individuell; die Bedürf-
nisse haben für ganze
Schichten Geltung. Man
denke an die Mietswoh-
nung; das Schema, der
Grundriß, wird bestimmt
durch das gleichartige Be-
dürfnis bestimmter Be-
völkerungsklassen. Der
Grundriß ist das Wesent-
liche; die Dekoration der
Räume, die den Ge-
schmack zufrieden stellt,
bleibt dagegen nebensäch-
lich. — Darum ist die erste
Frage: was brauche ich?
Man sollte sich keinen
»Salon« kaufen, wenn
man ihn nicht nötig hat,
weder weil Lehmanns
einen haben, noch weil
er »sich so gut machen
könnte«. Gut macht sich
nur, was notwendig ist;
alles Überflüssige wirkt
deplaziert. Komfort ist
nicht Häufung von Un-
brauchbarem , ist wohl-
überlegte, raffinierte Ge-
staltung und Zusammenstellung des Zweck-
mäßigen. Zunächst also: was brauche ich ?
und dann: wie entspricht es meiner Art? —
Unter diesem Gesichtswinkel zeigt es sich, wie
stark der Konsument die Produktion bestimmt.
Wenn der Größenwahnsinn die Bürger der
70 er Jahre nicht befallen hätte, wenn sie
nur das verlangt hätten, was ihrem Wesen
Ausdruck gab, so wären Schloßmöbel nie-
mals als Bazarware verschandelt worden, und
niemals hätte man Mietshäuser aus aufgeteilten
Palästen zusammengeklebt.
* * *
»Was gibt meinem Wesen Ausdruck; was
entspricht meiner Lebensart?« das seien die
Glas-Schrank
-Dresden.
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