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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 21.1907

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Jaumann, Anton: Campbell & Pullich - Berlin
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https://doi.org/10.11588/diglit.6700#0149

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Antor^yaumann :

drängt sich auf, daß dieses spielerische, spöt-
tische Wesen aber nur angenommen ist als
Deckung für seine Liebe, als Schirm gegen
alle drohende Schulmeisterei. Auch wo Camp-
bell in seinen eigenen Arbeiten die bäuerliche
Maske vornimmt, scheint er es nur zu tun, um
Freiheit zu bekommen zu launischen Seiten-
sprüngen, zu spielerischem Eingehen auf Zufälle
der Feder oder des Werkzeugs, auf derbere An-
wandlungen, auf momentane Sehnsüchte nach
Einfachheit und Einfalt. Freilich kann sich
der erfahrungsreiche Künstler schließlich doch
nicht ganz verleugnen. Diese derben Formen
sind mit dem feinsten Gefühl für Massen
abgewogen, und die Flächen- und Raumver-
teilung ist oft von Whistlerschem Raffinement.
— Campbell ist ein vorzüglicher Zeichner. Es

wird wenige deutsche Zeichner geben, denen
Darstellungen gelingen wie die »Skizze zu
einer Diele« (Seite 140). Aber von Bravour,
von akademischer Korrektheit ist bei ihm
keine Rede. Sein Können tritt so voller
Selbstvertrauen auf, daß es sich unbesorgt in
freiem Spiel mit dem Zufall, in überlegener
Künstlerlaune ergehen darf. Campbell betont
die Freihandzeichnung. Das Lineal liebt er
nicht. Und eine so reizsame, so kapriziöse
und so kultivierte Künstlerhand muß das
Lineal verabscheuen, das alle die köstlichen
nervösen Details der Linie tötet. Es gibt
Menschen, die so durch und durch von
Rhythmus erfüllt sind, daß wir jeden Blick,
jede Bewegung, jede Geste an ihnen lieben
müssen. Auch Campbeils Zeichnungen sind

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