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Migge, Leberecht: Garten-Frühling
DOI Seite / Zitierlink: https://doi.org/10.11588/diglit.7006#0202
Garten -Früh!ing.
RICHARD R1K.MKKSCHMID MÜNCHEN.
Haus Sultan: Aus dem Herrenzimmer.
GARTEN-FRÜHLING.
arten sind Gedanken. Oder sie sollten
es doch sein. Nicht jene geklügelten
Produkte menschlichen Intellekts meine ich,
sondern Gedanken, geschaute Bilder der Seele,
innere Erlebnisse freudiger Gottesgeschöpfe.
Solchen Ausdruck soll der Garten haben;
man soll sich eine Vorstellung machen können,
wenn man ihn sieht, die bleibend ist.
Wir leben inmitten einer Zeit, in der die
Werte knicken wie die Kniekehlen neurasthe-
nischer Jünglinge. »Das Alte stürzt und
neues Leben blüht«. . . . Gb besseres? Ge-
wiß, schon weil es unser eignes Leben ist.
Es weht unzweifelhaft ein Lüftlein mensch-
licher Gesundung. Und gesund ist auch der
Wechsel in der Gartenanschauung, der dies-
mal wiederum von England ausging. Ach,
ich achte und ich hasse dieses England.
Es scheint uns überall voraus zu sein und
macht sich ein Vergnügen draus, dem Fest-
landsbruder von Zeit zu Zeit den Spiegel
vorzuhalten:
O Graus, schon wieder eine Ketzerei!
Das mit unserm Garten nämlich. Wir fabri-
zierten energisch — der große Zug verläßt
uns nimmer — sogenannte landschaftliche
Gärten. Die Art Gärten zu machen fanden
wir s. Zt. jenseits des Kanals just die alte
Tradition verdrängen, da die Romantik kam
und die Chinesen Mode wurden. Der große,
wenig zerteilte Grundbesitz des Briten und
sein großer Sinn, die ganze heimische Land-
schaft mit, bereiteten der damals neuen
Gartenauffassung eine gute Stätte und Werke
wurden, mit denen sich der ärgste Neuerer
auch heute noch leichtlich versöhnen kann.
Wir aber nahmen einen verschüchterten Ab-
klatsch und breiteten ihn segnend und dicht
über unser Heimatland. Das Findlingskind
gedieh und als wir erst Geld hatten und
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RICHARD R1K.MKKSCHMID MÜNCHEN.
Haus Sultan: Aus dem Herrenzimmer.
GARTEN-FRÜHLING.
arten sind Gedanken. Oder sie sollten
es doch sein. Nicht jene geklügelten
Produkte menschlichen Intellekts meine ich,
sondern Gedanken, geschaute Bilder der Seele,
innere Erlebnisse freudiger Gottesgeschöpfe.
Solchen Ausdruck soll der Garten haben;
man soll sich eine Vorstellung machen können,
wenn man ihn sieht, die bleibend ist.
Wir leben inmitten einer Zeit, in der die
Werte knicken wie die Kniekehlen neurasthe-
nischer Jünglinge. »Das Alte stürzt und
neues Leben blüht«. . . . Gb besseres? Ge-
wiß, schon weil es unser eignes Leben ist.
Es weht unzweifelhaft ein Lüftlein mensch-
licher Gesundung. Und gesund ist auch der
Wechsel in der Gartenanschauung, der dies-
mal wiederum von England ausging. Ach,
ich achte und ich hasse dieses England.
Es scheint uns überall voraus zu sein und
macht sich ein Vergnügen draus, dem Fest-
landsbruder von Zeit zu Zeit den Spiegel
vorzuhalten:
O Graus, schon wieder eine Ketzerei!
Das mit unserm Garten nämlich. Wir fabri-
zierten energisch — der große Zug verläßt
uns nimmer — sogenannte landschaftliche
Gärten. Die Art Gärten zu machen fanden
wir s. Zt. jenseits des Kanals just die alte
Tradition verdrängen, da die Romantik kam
und die Chinesen Mode wurden. Der große,
wenig zerteilte Grundbesitz des Briten und
sein großer Sinn, die ganze heimische Land-
schaft mit, bereiteten der damals neuen
Gartenauffassung eine gute Stätte und Werke
wurden, mit denen sich der ärgste Neuerer
auch heute noch leichtlich versöhnen kann.
Wir aber nahmen einen verschüchterten Ab-
klatsch und breiteten ihn segnend und dicht
über unser Heimatland. Das Findlingskind
gedieh und als wir erst Geld hatten und
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