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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 22.1908

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Michel, Wilhelm: Vom Monumentalen
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https://doi.org/10.11588/diglit.7006#0402

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Wilhelm. Michel:

PROFESSOR ALBIN MÜLLER—DARMSTADT.

Richter-Bibliothek für das Großh. Justizgebäude Mainz.
In Eichenholz ausgeführt von der Hof-Möbelfabrik L. Alter—Darmstadt.

los wird. Jedes Jahr wird man in den sommer-
lichen Kunst-Ausstellungen vor ein Dutzend
Gemälde geführt, die mit allem, was sie sind
und haben, voll monumentalen Ehrgeizes
stecken. Da gilt es denn immer wieder zu
untersuchen: Hat dieser Mann das Recht zu
seinen großen Geberden? Hat er sich zur
Höhe hinangelebt oder nur hinangeschwindelt?
Spricht hier wirklich, wie man mir zu glauben
zumutet, ein neuer Michelangelo oder nur ein
Peter Cornelius ? Ist hier Achill oder Thersites?

Und es gibt Fälle, in denen diese Frage
so schwer zu beantworten ist, daß ein red-
liches Verstummen dem Sprechen vorgezogen
werden muß. Selbst über eine Erscheinung
wie Ferdinand Hodler sind die Akten heute
noch lange nicht geschlossen. Ist es nicht
ein lehrreiches Exempel, zu sehen, wie Uhde
trotz des großen äußeren Erfolges seiner
biblischen Monumentalgemälde die große Ge-
berde wieder aufgegeben und sich einer be-
scheidenen, aber höchst intensiven Wirklich-
keits-Schilderung zugewendet hat? Wenn ein

namhafter deutscher Kritiker, wie es jüngst
geschah, Fritz Erler als die große, restlose
Erfüllung unserer monumentalen Sehnsüchte
preist, muß da nicht sogar den Anhängern
dieses hochbegabten Künstlers heimlich bange
werden?

Aber das ist nur die Malerei, die zu
frommen monumentalen Fälschungen noch
am ersten die Hand bietet. Auf anderen
Gebieten tritt die prekäre Situation, in der
wir uns dem monumentalen Problem gegen-
über befinden, ganz klar hervor.

■ Da ist die Skulptur, die es wohl zu einer
hohen Blüte der Kleinplastik, aber zu keiner
einzigen überzeugenden Monumentalleistung
gebracht hat. Frankreich hat seinen Rodin;
Deutschland hat eine ganze Reihe feiner
plastischer Begabungen, von denen keine
einzige bisher das große maßgebende Wort
zur modernen Zeit gesprochen hat.

Wie steht es mit der Architektur? Frühere
Zeiten haben ihr Kunstgewerbe aus der
Architektur entwickelt. Wir sind zu dem

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