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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 24.1909

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Utitz, Emil: Farben-Wirkungen
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https://doi.org/10.11588/diglit.7005#0284

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Farbcmvirkunoen.

Harmonische Farbengebung in der Malerei
finden wir überall dort, wo ein Farbenzu-
sammenklang (eventuell auch eine eigenartig
charakteristische Farbendissonanz) für Kompo-
sition und Stoffgestaltung bestimmend wird.
Sein Stimmungswert bildet dann gleichsam in
erster Linie den Gehalt des Werkes. Eine
Farbenharmonie in einer Landschaft z. B.
kann den Künstler reizen, diesen eigentüm-
lichen, durch die Farbe erweckten Stimmungs-
gehalt im Bilde festzuhalten. Das Gegen-
ständliche tritt mehr in den Hintergrund, ob-
gleich es Stimmungsverstärkend wirkt. Es ist
ohne Zweifel nicht gleichgiltig, ob ein Farben-
akkord als der der Abenddämmerung oder
der des herbstlichen Waldes aufgefaßt wird.
Aber vornehmlich ist hier das Gegenständ-
liche nur Träger der Farbe; es motiviert sie
gleichsam: sie aber wird Hauptperson. Als
Beispiel kann ich da die meisten Werke von
Whistler anführen. Bereits ihre Titel zeigen
ihr Wesen. Ich nenne hier nur einige:
»Symphonie in Weiß« , »Arrangement in
Schwarz«, »Die blaue Woge«, »Arrangement
in Grau und Rosa« usw.

Jedoch noch ein ganz anderer Fall von
Farbenharmonie in der Malerei erweist sich
möglich. Für ihn liefert vornehmlich die
italienische Renaissance zahlreiche Beispiele:

der Gegenstand sei gegeben, z. B. ein reli-
giöser. Nun kann aber die Komposition voll-
kommen den Geboten der Farbenharmonie
entsprechen, indem sich ihr nicht nur die
Kleidung der Leute, die ganze Raumbehand-
lung usw. unterordnen, sondern ihr zulieb
eigene Personen und Gegenstände eingeführt
werden, welche die Möglichkeit zu verschie-
denen Wirkungen der Farben abgeben, welche
die Harmonie zu den durch den Gegenstand
gegebenen herstellen. Daß die Farbenharmonie
— wie erwähnt - - weiterhin auch für die
dekorative Malerei, die Glasmalerei, die male-
rische Plakatkunst, das Ornament usw. von
höchster Wichtigkeit ist, bedarf keiner näheren
Ausführung. Aber auch an die Plastik, Archi-
tektur und angewandte Kunst darf dabei nicht
vergessen werden.

Wir stellten also fest, daß Farben auf drei
prinzipiell verschiedene Arten angewandt werden
können: polychrom, koloristisch und
harmonisch. Diesen drei verschiedenen
Arten entsprechen auch drei ganz verschiedene
Wirkungsweisen. Während im dritten Fall die
Farben um ihrer selbst willen, d. h. ihrer
eigentümlichen spezifischen Wirkung wegen
verwendet werden, stehen sie im ersten und
zweiten im Dienste anderer Zwecke: im ersten
kommen sie gar nicht als Farben in Betracht,

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