Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 24.1909

DOI article:
Breuer, Robert: Ausstellung für christliche Kunst: Düsseldorf, Mai bis Oktober 1909
DOI Page / Citation link: 
https://doi.org/10.11588/diglit.7005#0366

DWork-Logo
Overview
loading ...
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
Ausstellung für christliche Ktinst Düsseldorf igog.

KELCH NACH ENTWURF V. PROF. WILH. KREIS. TAUFBECKEN UND KELCH NACH ENTWURF V. PROF. K. GROSS.

Ausgeführt von Julius Theodor Heinze—Dresden.

nähme, daß gotisch soviel wie deutsch, soviel
wie heilige Anbetung sei, wirkte zerrüttend auf
jeden gesunden Trieb, nun einmal aus eignem
Empfinden und Können dem höchsten geistigen
Sein das Haus zu errichten. Langsam, ach so
langsam, viel bekämpft und darum unsicher und
mit mancherlei Zugeständnissen kam ein neues
Wollen. Für die Reformation des modernen
Kirchenbaues werden die Dresdner Architekten
stets eine ehrenvolle Bedeutung behalten. Seit
der Neuausstattung der Kreuzkirche durch
Schilling und Gräbener, seit den Land-
kirchen dieser Firma, die ängstliche Gemüter
»Sommerwohnungen des lieben Gottes« nann-
ten, datiert die moderne, aufsteigende Linie der
kirchlichen Architektur. Es wären noch Los-
sow und Kühne, ferner Kreis und der nach
Hamburg berufene Schumacher, daneben
die Architektur-Bildhauer Hottenroth und
Groß, der dekorative Maler Roßler zu nen-
nen. Die Tendenz dieser neudresdner Schule
war ein geklärter, in sentimentale Kurven
aufgelöster Barock; der Stein wurde erweicht
und stark plastisch behandelt. Man liebte es,
die Ecken zu runden, die Supraporten in
Voluten ausklingen zu lassen und durch eine
geschwungene Kartusche zu brechen; be-
sonders die Türme bekamen eine spezifisch
plastische, eine modellierte, eine geknetete
Form. Ein zweiter Kreis von Kirchenbauern

der neuen Zeit steht um Peter Behrens.
Der Geistesart dieses ästhetischen Mathe-
matikers entspricht der strenge, feierliche
Sakralbau. Behrens denkt kantisch und liebt
Wagner. (Er liebt ihn, auch wenn er ihn
hassen sollte.) Behrens strebt danach, die
moderne Welt der Technik und der Maschine
auf eine reine, dem Hellenismus verwandte
Formel zu bringen. Er ist ein Logiker und
ein Dogmatiker zugleich. So haben alle seine
Bauwerke eine deutliche Tendenz zum grie-
chischen Tempel; so verraten sie alle den
strengen Schematiker, der mehr auf dem Papier
konstruiert als mit Steinen baut. Das Krema-
torium zu Hagen ist das typische Beispiel.
Es läßt sich gewiß mancherlei gegen diese,
von Einseitigkeit nicht freie, mehr literarische
als architektonisch empfundene Bauweise sagen;
aber, mit den relativen Schwächen einer
tastenden Zeit behaftet, offenbart sie doch ein
starkes und impulsives Gefühl, ja eine Leiden-
schaft lür das Protestantische, für das Rhyth-
mische der Religion. Gewiß, es ist ein Wag-
nis, von Peter Behrens eine Kirche bauen zu
lassen, aber immerhin ein Wagnis, das dem
Auftraggeber Ehre machen würde, ihm einen
Platz in der Entwicklung der Geschichte des
modernen Kirchenbaues sichern dürfte.

Wem Behrens' kühles Pathos allzu wenig
die väterliche Güte Gottes zum Ausdruck

342
 
Annotationen