JANKA
GROSSMAN.
»KINDER-
BILDNIS«
NEUESTE KUNST.
VON CORNELIUS GURLITT.
Sie kam, sie ist da! Eine neue deutsche
Kunst! Das bezeugen uns heute unsere
Feinde. Man lese Aufsätze, wie sie die Franzo-
sen schrieben, ein Barees, Peladan u. a. mehr,
die Frankreich vor dem Eindringen deutscher
Kunst warnten, drohend auf die Bauten hin-
weisen, die in Paris deutschen Geschmack ver-
raten, die den Zeitschriften und Ausstellungen
verbieten wollten, deutsche Waren in Frank-
reich öffentlich zu zeigen. Man beobachte, wie
man in England, das vor 15, 20 Jahren, zu
den Zeiten des Einflusses von Morris, Burne-
Jones, Ruskin unser Vorbild war, auf die deut-
schen Fortschritte hinweist, deutsche Gedan-
ken zu verengländern sucht, um sich klar zu
Verden, welcher Wandel sich in den letzten
Jahrzehnten in Deutschlands Kunst vollzog.
Kluge Fürsten haben sich an die Spitze der
Stilbewegung gestellt: So Ludwig XIV, so die
Medizi. Sie wurden der Halt der Aufstrebenden.
Andere blieben an ihren Jugendeindrücken haf-
ten und mußten erleben, daß sich in der Ent-
wicklung der Kunst ihnen Kräfte entgegen-
stellten, gegen die sie bei allem Eifer machtlos
waren. Denn solche Strömungen halten nicht
Grenzen und nicht Gesetze auf — am wenigsten
die der Ästhetiker. Man tut daher Unrecht,
der oder jener Bewegung vorzuwerfen, sie sei
vom Ausland entlehnt. Es gibt kein Volk, das
nur aus sich selbst heraus schafft. Die Fran-
zosen, die glauben ein solches zu sein, irren
sich. Die italienische Renaissance, die von
Deutschland eingeführte Romantik, der von
England kommende Realismus hat bei ihnen
■ AprU-M,, i9„. 3
IUUI
27
GROSSMAN.
»KINDER-
BILDNIS«
NEUESTE KUNST.
VON CORNELIUS GURLITT.
Sie kam, sie ist da! Eine neue deutsche
Kunst! Das bezeugen uns heute unsere
Feinde. Man lese Aufsätze, wie sie die Franzo-
sen schrieben, ein Barees, Peladan u. a. mehr,
die Frankreich vor dem Eindringen deutscher
Kunst warnten, drohend auf die Bauten hin-
weisen, die in Paris deutschen Geschmack ver-
raten, die den Zeitschriften und Ausstellungen
verbieten wollten, deutsche Waren in Frank-
reich öffentlich zu zeigen. Man beobachte, wie
man in England, das vor 15, 20 Jahren, zu
den Zeiten des Einflusses von Morris, Burne-
Jones, Ruskin unser Vorbild war, auf die deut-
schen Fortschritte hinweist, deutsche Gedan-
ken zu verengländern sucht, um sich klar zu
Verden, welcher Wandel sich in den letzten
Jahrzehnten in Deutschlands Kunst vollzog.
Kluge Fürsten haben sich an die Spitze der
Stilbewegung gestellt: So Ludwig XIV, so die
Medizi. Sie wurden der Halt der Aufstrebenden.
Andere blieben an ihren Jugendeindrücken haf-
ten und mußten erleben, daß sich in der Ent-
wicklung der Kunst ihnen Kräfte entgegen-
stellten, gegen die sie bei allem Eifer machtlos
waren. Denn solche Strömungen halten nicht
Grenzen und nicht Gesetze auf — am wenigsten
die der Ästhetiker. Man tut daher Unrecht,
der oder jener Bewegung vorzuwerfen, sie sei
vom Ausland entlehnt. Es gibt kein Volk, das
nur aus sich selbst heraus schafft. Die Fran-
zosen, die glauben ein solches zu sein, irren
sich. Die italienische Renaissance, die von
Deutschland eingeführte Romantik, der von
England kommende Realismus hat bei ihnen
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