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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 44.1919

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Koch, Alexander: Eine Deutsche und Deutsch-Österreichische Kunstgewerbe-Ausstellung 1922: ein Aufruf!
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https://doi.org/10.11588/diglit.9120#0239

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EINE DEUTSCHE UND DEUTSCH-ÖSTERREICHISCHE
KUNSTGEWERBE-AUSSTELLUNG 1922.

EIN AUFRUF!

Die Zeitungen melden: 1922 soll in Detroit
(Michigan, Vereinigte Staaten) eine Welt-
Ausstellung stattfinden. Für dasselbe Jahr hat
die Stadt Paris eine Kunstgewerbe-Aus-
stellung beschlossen; diese soll international
sein, jedoch unter Ausschluß der Mittel-
mächte.

Zur Stunde, da diese Zeilen in Druck gehen,
ist die Frage des Friedens noch nicht entschie-
den. Auch wenn sie entschieden ist, wird
unsere Lage mit tausend Dunkelheiten belastet
bleiben. Die Auswirkung der Friedensbestim-
mungen auf unser Wirtschaftsleben wird noch
lange nicht endgültig abgeschätzt werden kön-
nen. Eins aber wissen wir schon heute: wir
werden arbeiten müssen, nach wie vor, um Er-
rungenes zu verteidigen, Verlorenes wiederzuge-
winnen. Die Bedrohung wertvollsten Besitzes
kündigt sich derb und deutlich an: „Die erste
internationale Kunstgewerbe-Ausstel-
lung nach dem Kriege soll unter Aus-
schluß deutscher Arbeit stattfinden!"

Es ist etwas Groteskes in dem Gedanken:
Ausschluß der Länder, denen die Welt über-
haupt erst ein neues Kunstgewerbe verdankt!
Kein Zweifel, daß dieser Ausschluß höchstens
in wirtschaftlicher Hinsicht erzwungen werden
könnte. Selbst wenn wir keinen einzigen Stuhl,
kein einziges Stück Gewebe in Paris zeigen
könnten, unser Geist würde siegreich dort zu-
gegen sein und diese Ausstellung genau soweit
beherrschen, als sie gut und modern sein
würde. Nicht umsonst ist mitten im Kriege die
deutsche kunstgewerbliche Organisation im
französischen „Comite central technique des
arts appliques" nachgeahmt worden. Nicht um-
sonst haben französische Blätter über die „Mu-
nichoiserieen" der kunstgewerblichen Gruppe
des Herbstsalons und anderer junger Archi-
tekten geklagt. Soweit es in Frankreich ein
modernes Kunstgewerbe gibt, ist dieses deutsch
inspiriert und kann noch lange nicht des deut-
schen Vorbildes entbehren.

Aber dies bedeutet für uns nur eine plato-
nische Genugtuung. Wir müssen durch positive
Taten zeigen, was wir auf kunstgewerblichem
Gebiet sind und können. Wir müssen sichtbar
um unsern Markt und Namen kämpfen. Wir
müssen 1922 eine Deutsche und Deutsch-
Österreichische Kunstgewerbe-Aus-

stellung dem Pariser Unternehmen ent-
gegenstellen! Eine großdeutsche Ausstel-
lung gegenüber einem Unternehmen, das er-
klärtermaßen zur Vernichtung des Deutschtums
beitragen will.

Wir müssen den Vergleich, den die Gegner
fürchten und ausschließen wollen, trotz ihnen
zustande bringen und die uns zugedachte Nie-
derlage in einen Sieg verwandeln. Denn Frank-
reich und mit ihm alle übrigen Gegner mögen
immerhin unsere Organisation nachahmen, sie
mögen unter günstigeren wirtschaftlichen und
technischen Bedingungen arbeiten können —
was uns den Vorrang sichert, sind Dinge, die
nicht von heute auf morgen eskamotiert oder
imitiert werden können: die Gesinnung unserer
Industrie, ihre geistige und technische Ein-
stellung, die Schulung unserer Arbeiterschaft,
die Anteilnahme der ganzen Bevölkerung, Tra-
dition, Erfahrung und Geschmacksbildung aus
zwanzigjähriger künstlerischer und industrieller
Arbeit. Was auf so gediegener Grundlage be-
ruht, das welkt nicht innerhalb einiger Monate
hin, das erliegt vor allem nicht einer so mangel-
haft fundierten Konkurrenz, wie sie Frankreichs
Kunstgewerbe vorläufig bedeutet.

Es ist zu fordern, daß sofort in die
Vorbereitung einer Deutschen und
Deutsch-Österreichischen Kunstgewer-
be-Ausstellung eingetreten werde. Einer
Ausstellung, die durch und durch sorgfältig aus-
gearbeitet, gewissenhaft, liebevoll und vollendet
durchgeführt wird; die alle Kräfte der Nation
zum Gelingen zusammenfaßt; die von allen
Deutschen aller Parteien als wichtige, gemein-
sam-nationale Angelegenheit empfunden und
behandelt wird. Ablehnung jeder Zersplitte-
rung; weitherzigste Organisation; Mitwirkung
aller irgendwie befähigten Köpfe und Hände.

Was Detroit anlangt: der Weltausstellungen
war die Industrie schon lange vor dem Kriege
recht müde geworden. Viele der Gründe, die
zu dieser Ausstellungsmüdigkeit geführt haben,
werden wohl jetzt noch bestehen. (Nur inter-
nationale Fachausstellungen haben eine Be-
deutung.) Eine große Anzahl neuer Gründe ist
dazu getreten. Besteht daher wenig Aussicht,
für eine deutsche Beteiligung an dem Unter-
nehmen in Detroit — vorausgesetzt, daß man
uns dort überhaupt zuläßt — so spricht schlecht-
 
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