Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 44.1919

DOI Artikel:
Gleichen-Rußwurm, Alexander von: Zu den Ketzereien über Malerei, [2]: ein Nachwort
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.9120#0355

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
frl. weiss• kstg.-schule—hamburg.

»teller in messing getriebenc

ZU DEN KETZEREIEN ÜBER MALEREI.

ein nachwort. (schluss von s. 312.)

Aber für diese Wenigen, die auch heute
vielleicht am Webstuhl der künftigen Kunst
arbeiten, sind solche Anregungen, wie sie
der Kunstfreund gerne gibt, nicht gedacht
noch geschrieben. Der schöpferische Geist
sieht seinen Weg vor sich und läßt sich nicht
beirren. In den Ateliers der Künstler hat die
Studie, die Skizze, der Versuch „neu zu sehen"
ihre Wichtigkeit, unbestreitbar entsteht jeder
neue Stilgedanke in solchen Werkstätten. Aber
sind die meisten von denen, die Pinsel und
Palette in die Hand nehmen, berechtigt, neue
Stilwerte zu bilden? Wohl nur die Wenigsten.
Und darum handelt es sich vor allem. Denn
dann wird die Kunst für die Kunst zur egoisti-
schen Verirrung, weil sie nichts erfreuliches
leistet noch leisten kann. Bilder, die das Heim
schmücken oder Säle oder irgendwelche
öffentliche Räume, die besonderen Zwecken
dienen, stehen unter anderen Gesetzen als
jene Kunstwerke, die in Museen und Aus-
stellungen die Kunstgeschichte oder den neuen
Kunstgedanken verkörpern. Was diese anbe-

langt, bin ich auch auf Seiten des Artikels von den
„freien Künstlern", aber was den Schmuck des
Hauses anbelangt, halte ich meine „Ketzereien"
entschieden aufrecht, a. v. gleichen-russwurm.

Ä

TM STREITE DER MEINUNGEN. Um uns
X gegen fremde, den unsrigen entgegengesetzte
Ansichten tolerant und beim Widerspruch ge-
duldig zu machen, ist vielleicht nichts wirksamer,
als die Erinnerung, wie häufig wir selbst über
den Gegenstand sukzessiv ganz entgegenge-
setzte Meinungen gehegt und solche bisweilen
sogar in sehr kurzer Zeit wiederholt gewechselt,
bald die eine Meinung, bald wieder ihr Gegen-
teil verworfen und wieder aufgenommen haben,
je nachdem der Gegenstand bald in diesem, bald
in jenem Lichte sich uns darstellte, schopenh.

Weder unsere Kenntnisse, noch unsere Ein-
sichten werden jemals durch Vergleichen
und Diskutieren des von Andern Gesagten son-
derlich vermehrt werden. Nur durch eigene
Betrachtung der Dinge selbst kann Einsicht und
Kenntnis wirklich bereichert werden: denn sie
allein ist die stets bereite und stets nahe lie-
gende lebendige Quelle, arthur Schopenhauer.
 
Annotationen