Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 44.1919

DOI article:
Osborn, Max: Die Wiedererweckung des Wandbildes: zur Ausstellung der Berliner Sezession
DOI Page / Citation link:
https://doi.org/10.11588/diglit.9120#0183

DWork-Logo
Overview
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
Die Wiedererweckung des Wandbildes.

MAGNUS ZELLER—BERLIN. WANDBILD » ZUSAMMENBRUCH c

und eine Mannigfaltigkeit erreicht, die außer-
ordentlich anregend wirkt. Es ist selbstver-
ständlich, daß nicht alles geriet. Eine so statt-
liche Zahl schnell entstandener weiträumiger
Bilder kann nicht eine Serie von Meister-
leistungen darstellen. Dennoch ist das Ergeb-
nis erstaunlich, der Eindruck ungewöhnlich
stark. Zum ersten Male überblickt man in
geschlossener Folge Versuche, aus dem Geist
der neuen Kunst zu dekorativen Gestaltungen
großen Stiles zu gelangen. Man spürt die Freude
der Künstler, sich einmal nach Gefallen freizu-
malen und die Ausdrucksmittel der Gegenwart
in souveränem Spiel der Kräfte zu erproben.

Gleichwohl hat die Überlieferung noch mit-
zureden. Sogar das achtzehnte Jahrhundert
klingt an. Paul Scheurich, der Meister win-
ziger Rokokoblättchen, malte einen Narziß, der,
von hellviolettem Gewände umflattert, durch
Waldesgrün zum Spiegel des Wassers eilt —
wieder ein Stück Rokoko, und im Grunde auch

wieder eine liebenswürdige Illustration kleinen
Formats, die nur ungebührlich ins Riesenhafte
vergrößert wurde. Gino von Finetti be-
schwor die schwellenden Formen des wasch-
echten Barock: er malte eine „Erlösung", die
er durch den Andromeda-Mythos symboli-
sierte, mit einem sehr tüchtig-dekorativ gehal-
tenen Frauenakt, zu dem die übrigen Bildteile
nur nicht klar genug gestimmt sind. Geschmack-
voll traf Erich Klossowski in der Supra-
porte, die ich erwähnte — das war freilich eine
leichtere Aufgabe — den schmückenden Stil
des achtzehnten Jahrhunderts mit einer zierlich-
heroischen Armida- und Rinaldo-Szene. Franz
Heckendorf aber erneuerte in einer als
Gobelinentwurf bezeichneten „Löwenjagd"
sehr glücklich den Stil barocker Tapisserien
aus neuem Geist. Auf dunkelroten Pferden
kämpfen die Jäger mit den Ungetümen. Leben
und Üppigkeit sind im vollen Akkord eines
bunten Farbenklängs in die besondere Spra-
 
Annotationen