Paradoxe in der Kunstbetrachtung.
bei größter Wissenschaftlichkeit) und daß sie
Unsagbares sagen wollen, nämlich Erläuterung
des Metaphysischen, Erklärungen des eben nur
fühlbaren göttlichen Funkens, des spiritusrector
aller Kunstwerke.
Will man aber schon Interpretationen, Stil-
deutungen, Analysen usw. geben, so halte man
sich wenigstens an klare Begriffe und suche sei-
nen Geist und sein Verständnis in Auffassung und
Darstellung zu erweisen — aber nicht in Auf-
päppelung der morosen Kinder einer Muse von
Oscare Wildes oder Huysmanns usw. Gnaden
— in diesen entsetzlichen, skrofulösen Para-
doxen. Den Kenner können sie nicht ver-
blüffen, verwirren oder ängstigen, er weiß spie-
lend, was gemeint ist, aber die anderen, die
vielen, für die diese Abhandlungen geschrieben
sind, verlieren schließlich jeden Halt. Kunst
ist eine zu ernste Sache, als daß man Geistes-
akrobatik mit ihr treiben könne und dürfe.
Kunst ist an sich schon zu vogelfrei für Jeder-
manns Urteil und Geschmack, als daß man be-
ziehungsloser , geisteshaltloser Rederei noch
mehr Tür und Tor öffnen sollte. Kunst ist uns
gerade jetzt ein heiliger Trost, nötig wie Atmen
und Brot. Jetzt aber soll ja Tatwerden des
Geistes beseeligendstes Zeichen der Zeit sein;
kristallklaren, metaphernfeindlichen, echten
Geistes. Geist ohne Begriffe, ohne Bezugnahme
auf unverrückbare (geistige oder materielle)
Tatsachen — ist übler Brei.
Also weg mit der plastischen Malerei, der
malerischen Plastik, der barocken Gotik usw.
Die Grenzen der Begriffe brauchen uns nicht
erst aufgestellt zu werden, sie sind da. Ein
zweiter G. E. Lessing ist uns nicht not. Nur
ein wenig Besinnung, Bescheidenheit und D urch-
schauen der ach so billigen, aber ach so ver-
wirrenden — Paradoxe....... v. c. habicht.
A
Was uns imponiert, ist Kriterium unseres Ge-
schmacks, was einem ganzen Volk imponiert,
Gradmesser seines ethischen Wertes. Das ist ein
erschreckend ernstes Wort. Selbst die sanftesten,
menschenfreundlichsten und menschengläubigsten Ge-
müter konnten sich bitter betrüben und empören
über Geschmacklosigkeit. Denn es ist nicht ohne Be-
deutung, was ein Mensch und was ein Volk bewundert.
Bewunderung ist eine ganz feine Kunst; an rechter
Stelle zu bewundern ist ebenso recht und schön als
etwas Bewundernswertes zu schaffen. Jede Vergeu-
dung dieser Gemütskraft hat traurige Verarmung zur
Folge und wehe dem, der das Volk zu solcher Ver-
schwendung treibt! .... a. v. gleichen-rüsswdrm.
LOTHAR BECHSTEIN—SOLLN B. MÜNCHEN. »DIE NACHT«
■UUMIIIIIIIIIIUIIIUIIIUIII
bei größter Wissenschaftlichkeit) und daß sie
Unsagbares sagen wollen, nämlich Erläuterung
des Metaphysischen, Erklärungen des eben nur
fühlbaren göttlichen Funkens, des spiritusrector
aller Kunstwerke.
Will man aber schon Interpretationen, Stil-
deutungen, Analysen usw. geben, so halte man
sich wenigstens an klare Begriffe und suche sei-
nen Geist und sein Verständnis in Auffassung und
Darstellung zu erweisen — aber nicht in Auf-
päppelung der morosen Kinder einer Muse von
Oscare Wildes oder Huysmanns usw. Gnaden
— in diesen entsetzlichen, skrofulösen Para-
doxen. Den Kenner können sie nicht ver-
blüffen, verwirren oder ängstigen, er weiß spie-
lend, was gemeint ist, aber die anderen, die
vielen, für die diese Abhandlungen geschrieben
sind, verlieren schließlich jeden Halt. Kunst
ist eine zu ernste Sache, als daß man Geistes-
akrobatik mit ihr treiben könne und dürfe.
Kunst ist an sich schon zu vogelfrei für Jeder-
manns Urteil und Geschmack, als daß man be-
ziehungsloser , geisteshaltloser Rederei noch
mehr Tür und Tor öffnen sollte. Kunst ist uns
gerade jetzt ein heiliger Trost, nötig wie Atmen
und Brot. Jetzt aber soll ja Tatwerden des
Geistes beseeligendstes Zeichen der Zeit sein;
kristallklaren, metaphernfeindlichen, echten
Geistes. Geist ohne Begriffe, ohne Bezugnahme
auf unverrückbare (geistige oder materielle)
Tatsachen — ist übler Brei.
Also weg mit der plastischen Malerei, der
malerischen Plastik, der barocken Gotik usw.
Die Grenzen der Begriffe brauchen uns nicht
erst aufgestellt zu werden, sie sind da. Ein
zweiter G. E. Lessing ist uns nicht not. Nur
ein wenig Besinnung, Bescheidenheit und D urch-
schauen der ach so billigen, aber ach so ver-
wirrenden — Paradoxe....... v. c. habicht.
A
Was uns imponiert, ist Kriterium unseres Ge-
schmacks, was einem ganzen Volk imponiert,
Gradmesser seines ethischen Wertes. Das ist ein
erschreckend ernstes Wort. Selbst die sanftesten,
menschenfreundlichsten und menschengläubigsten Ge-
müter konnten sich bitter betrüben und empören
über Geschmacklosigkeit. Denn es ist nicht ohne Be-
deutung, was ein Mensch und was ein Volk bewundert.
Bewunderung ist eine ganz feine Kunst; an rechter
Stelle zu bewundern ist ebenso recht und schön als
etwas Bewundernswertes zu schaffen. Jede Vergeu-
dung dieser Gemütskraft hat traurige Verarmung zur
Folge und wehe dem, der das Volk zu solcher Ver-
schwendung treibt! .... a. v. gleichen-rüsswdrm.
LOTHAR BECHSTEIN—SOLLN B. MÜNCHEN. »DIE NACHT«
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