Schweiz, Schweden, Dänemark und Deutsch-
land, seine zeichnerischen und malerischen
Arbeiten, die wertgrädige Werke der Neukunst
und Akkumulatoren psychischer Kräfte sind,
mit ehrfürchtigem Staunen und enthusiastischer
Bewunderung aufnahmen und ihm die Ehrung
des Ankaufes von Werken seines Geistes und
seiner Hand für ihre Galerien bereiteten, wäh-
rend man in Wien, wie ich noch 1913 zu
schreiben Ursache hatte, wutgeifernd immer
noch Steine auf ihn warf, so viel, daß ihm da-
raus ein Denkmal errichtet werden könnte.
(Nun er tot ist, will man es ihm in Wien ja auch
tatsächlich widmen!) Man weiß, daß er viel
reiste, besonders gern an das Meer und in
Waldgegenden, daß er heiratete, den Krieg als
Wachsoldat mitmachte und, heil aus dem grauen-
haften Völkergemetzel hervorgegangen, drei
Tage nach dem Tode seiner schönen, jungen
Frau derselben tückischen Seuche wie sie erlag.
Egon Schiele war der scheueste Mensch, der
mir bisher begegnete. Der scheueste, stillste
und innerlich einer der vornehmsten. Er war
so scheu wie ein Waldwild und hatte ebenso
große staunende, von Fragen ganz angefüllte,
tiefdunkle Augen. Seine Scheu war jedoch
nicht Ängstlichkeit, denn es war ihm nie um
sich bange, seine Scheu war vielmehr zarte
Sorge um die Bewahrung der leicht verletzlichen
Seelen anderer. Er war reizbar, aber von nichts
in Zorn zu bringen, zartfühlend und gütig, von
einer überaus behutsam Nachsicht übenden,
angeborenen Vornehmheit' die sich von der
anerziehbaren Noblesse äußerlicher Art, mit
der sich viele vor anderen voll versteckten
Stolzes gehaben, durch ihre seelische Wesen-
haftigkeit unterschied. Egon Schiele war und
wirkte persönlich so ganz und gar deutsch und
trug in sich dennoch die ganze slawische Trauer
über das Leid. Sein Blick war befähigt zur
Wahrnehmung all der vielfältigen und oft kaum
merklichen Kennzeichen des Leidens im Antlitz
und am Leib des Menschen und seine Hand
befähigt zur ergreifenden Darstellung des Er-
blickten. Er hat Menschenantlitze gesehen und
gezeichnet und gemalt, die blaß schimmern und
kummervoll lächeln und dem Angesicht eines
Vampyres gleichen, dem die grausige Nahrung
land, seine zeichnerischen und malerischen
Arbeiten, die wertgrädige Werke der Neukunst
und Akkumulatoren psychischer Kräfte sind,
mit ehrfürchtigem Staunen und enthusiastischer
Bewunderung aufnahmen und ihm die Ehrung
des Ankaufes von Werken seines Geistes und
seiner Hand für ihre Galerien bereiteten, wäh-
rend man in Wien, wie ich noch 1913 zu
schreiben Ursache hatte, wutgeifernd immer
noch Steine auf ihn warf, so viel, daß ihm da-
raus ein Denkmal errichtet werden könnte.
(Nun er tot ist, will man es ihm in Wien ja auch
tatsächlich widmen!) Man weiß, daß er viel
reiste, besonders gern an das Meer und in
Waldgegenden, daß er heiratete, den Krieg als
Wachsoldat mitmachte und, heil aus dem grauen-
haften Völkergemetzel hervorgegangen, drei
Tage nach dem Tode seiner schönen, jungen
Frau derselben tückischen Seuche wie sie erlag.
Egon Schiele war der scheueste Mensch, der
mir bisher begegnete. Der scheueste, stillste
und innerlich einer der vornehmsten. Er war
so scheu wie ein Waldwild und hatte ebenso
große staunende, von Fragen ganz angefüllte,
tiefdunkle Augen. Seine Scheu war jedoch
nicht Ängstlichkeit, denn es war ihm nie um
sich bange, seine Scheu war vielmehr zarte
Sorge um die Bewahrung der leicht verletzlichen
Seelen anderer. Er war reizbar, aber von nichts
in Zorn zu bringen, zartfühlend und gütig, von
einer überaus behutsam Nachsicht übenden,
angeborenen Vornehmheit' die sich von der
anerziehbaren Noblesse äußerlicher Art, mit
der sich viele vor anderen voll versteckten
Stolzes gehaben, durch ihre seelische Wesen-
haftigkeit unterschied. Egon Schiele war und
wirkte persönlich so ganz und gar deutsch und
trug in sich dennoch die ganze slawische Trauer
über das Leid. Sein Blick war befähigt zur
Wahrnehmung all der vielfältigen und oft kaum
merklichen Kennzeichen des Leidens im Antlitz
und am Leib des Menschen und seine Hand
befähigt zur ergreifenden Darstellung des Er-
blickten. Er hat Menschenantlitze gesehen und
gezeichnet und gemalt, die blaß schimmern und
kummervoll lächeln und dem Angesicht eines
Vampyres gleichen, dem die grausige Nahrung