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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 44.1919

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Günther, Alfred: Sommer-Ausstellung der Künstler-Vereinigung Dresden
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https://doi.org/10.11588/diglit.9120#0310

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Sommer-Ausstellung der Künstler- Vereinigung Dresden.

RICHARD DREHER—DRESDEN.

GEMÄLDE »LANDSCHAFT IV«

traditioneller, mehr oder minder tüchtiger
Malerei und Plastik. Bei diesem sehr konser-
vativen rechten Flügel fühlt sich das große
Publikum mit seinem Beharren bei Realismus
und sachlicher Schilderung immer noch am
wohlsten.

Es ist nicht verwunderlich, daß trotz einer
so verhältnismäßig knappen Auslese, wie sie
die Künstler Vereinigung mit nicht viel mehr als
200 Werken gibt, die wesentlichen Bezirke
trotzdem klein sind. Und es ist sehr schwer für
die Dresdner, sich gegen ihre Gäste zu behaup-
ten, nachdem sie Emil Nolde Raum für etwa
dreißig Bilder eingeräumt haben und auch von
Max Pechstein zehn starke Werke aus-
wählten. Die Nolde-Sammlung bildet leicht
den Höhepunkt der ganzen Ausstellung; in dem
Saal, der diese Tafeln vereinigt, klingt die Orgel
farbiger Magie in ihren befreitesten, mystisch-
sten Akkorden. Selbst der prachtvoll sinn-
liche, farbige Wurf Pechsteins erscheint gegen
diese tiefste Reinheit des Farbwesens äußerlich.
Freilich erweist er dann doch in einem Bilde
wie der „Frau im roten Kimono" seine eigene
Kraft und Schönheit.

Das andere Ereignis der Ausstellung ist die
Wand voll Gemälden Hans Poelzigs, des

großen Baumeisters. Zum erstenmal stellt der
Künstler seine Bilder aus, die zumeist in Breslau
entstanden sind, und um deren Existenz nur
ein ganz kleiner Kreis von Freunden wußte.
In einer Notiz zum Katalog erklärt Poelzig, daß
diese Bilder „lediglich aus dem Bedürfnis
heraus entstanden sind, die Einseitigkeit der
architektonischen Arbeit durch Tätigkeit auf
einem anderen künstlerischen Gebiet zu er-
gänzen". Dieser Erklärung bedurfte es nicht.
Die freskenartigen Gemälde können durchaus
als selbständige Kunstwerke bestehen. Wer
will, mag in ihnen die Phantasie des Architekten
walten fühlen. Es sind farbige Visionen meist
religiösen Charakters, die für die Wände irgend-
welcher sakraler Architekturen gebildet sein
können. Ihr Stil, ein sehr kräftiger rücksichts-
loser Pointiiiismus, läßt die Erscheinungen sich
aus einem Flimmern und Funken, Phosphores-
zieren und Glühen formen: Christus am Kreuz,
Maria, Sankt Georg, Paradies- und antik-heid-
nische Visionen. Eine ganz persönliche, un-
bedingte Kunst, selbständig in der malerischen
Struktur wie im seelischen Ausdruck. Diese
Entdeckung des Malers Poelzig bleibt für alle
Bewunderer seiner Baukunst unvergeßlich.
Diesen kühnen Konzeptionen gegenüber
 
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