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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 44.1919

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Michel, Wilhelm: Bildersturm
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https://doi.org/10.11588/diglit.9120#0346

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Bildersturm.

PROFESSOR
K. METZNER.
»PLASTISCHE
SKIZZE«

dieses Kampfes die Kunst beiseite schiebt als
vorläufig hemmende, unzeitgemäße Angelegen-
heit. „Ach, Freunde", schreibt Hiller, „wir sind
nicht gegen die Kunst; wir sind so innig für die
Kunst, wie wir für das Paradies sind. Nur weil
wir für die Kunst, für das Paradies sind, müssen
wir vor der Hand streng sein und heute einzig
den Kampf, einzig die Sicherung der Fundamente
alles Lebens und aller Gerechtigkeit, einzig das
Beiseitekarren des gewaltigen Mistes fordern
und zulassen." Nur eine Ausnahme will Hiller
zugestehen: Erlaubt ist auch heute noch die
Kunst, die „Kniff der Idee" ist, Kunst also, die
sich bewußt unter die Heteronomie der sozialen
und politischen Zwecke stellt. Die folgerichtig

nur in ihrer Tatwirkung gewertet werden will.
Aber „reine Kunst, ziellose Kunst, paradies-
vorwegnehmende Kunst ist Chimäre". Das be-
zeichnet den Standpunkt, auf dem eine gewisse
Geistesentäußerung heute angekommen ist.

Das ganze 19. Jahrhundert war in kunst-
ästhetischer Hinsicht ein Kampf um die Auto-
nomie der Kunst, um ihre Erlösung aus der
moralischen, politischen, bürgerhaften Zweck-
setzung. Umgekehrt kamen alle Widerstände
gegen die Kunst aus der Überordnung irgend-
welcher im weitesten Sinne ethischer Zwecke
über das reine Formwesen der Kunst. Zahllos
sind die Arbeitsstunden, in denen der Geist
darzutun sich bemühte, daß die Formkraft, die

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