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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 62.1928

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Born, Wolfgang: Idyllen von heute: Die Malerei des Wieners Ernst Huber
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https://doi.org/10.11588/diglit.9251#0029

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Idyllen von heute — die Malerei des Wieners Ernst Huber

ernst huber—wien

brunnen in taormina«

hatte, in seinen Bildern auf; es herrscht eine
beruhigte und friedliche Existenz auf dem Lande
unter den guten Bäumen und dem freundlich-
sten Himmel. Bukolische Stimmung ist über alle
seine Arbeiten ausgebreitet. Es sind Idyllen,
gemalte Idyllen, und wenn auch die Daphnis und
Chloe des alten Geßner nicht auferstanden
sind, der Geist lebt wieder, der sie erfüllte.
Innig, zärtlich, verträumt und verspielt geht es
auf Ernst Hubers Bildern zu, und die Natur ist
mit einer freundschaftlichen Intimität gegeben,
die vor allem dem Idylliker der englischen Ro-
mantik, John Constable, nahesteht.

Der Ablauf der Jahreszeiten, die Verschieden-
heit des Schauplatzes ändert nichts daran: Fällt
der Schnee und bedeckt Straßen und Dächer mit
Kremserweiß vor einem warmgrauen Wolken-
himmel, so gibt es ganz besondere Funde für
das Auge des Koloristen, feine Schwebungen
der Valeurs vom Reiz empfindlichster Beobach-
tung, und auf dem Eisplatz tummelt sich ein
munteres Leben, das bei allem Frost an innerer
Wärme der Erntezeit nichts nachgibt. Oder in
der Wüste, in unendlichem Gelbgrau, zieht die
Karawane als silhouettierter Zug spaßiger Ka-
mele, wie sie die Kinder im Tierpark bewundern,
mit sehr afrikanischen Arabern im weißen Bur-

nus und roten Turban — es ist gemütlich, wie
wenn man als Kind Tausendundeinenacht in
der Sofaecke schmökerte. Oder unter der sizi-
lianischen Sonne schläft der kleine Stadtplatz
seinen Mittagsschlaf, und es summt vor süd-
lichem Behagen.

Schaut man näher hin, so bemerkt man erst,
mit wieviel Kunst das alles gemacht ist. Wie
geistreich ist die Farbe behandelt, wie sicher
und flüssig die Malerei, wie intensiv erlebt
der topographische Charakter! Huber weiß sehr
genau, was die Ölfarbe, was das Aquarell her-
gibt, und er ist reich an technischen Einfällen:
da mischt er etwa die Wasserfarbe mit Kleister
und findet sich eine ganz besondere Material-
sprache für seine kleinen Improvisationen, oder
er variiert die Klatschdrucktechnik der Mono-
typie zu den lustigsten graphischen Effekten.

Immer aber bleibt er sich treu: unabgelenkt
ruht sein Talent ganz in sich, von allen guten
Geistern des Wiener Milieus betreut: Anmut,
Geschmack, Kultur geben jeder seiner Ar-
beiten das Cachet, das sie für sich stellt.

Seine Sendung heißt Stille, Besinnung,
Herz, und seine Kunst ist eine glückhafte Insel
inmitten der erbarmungslosen Sachlichkeit der
amerikanisierten Epoche........... w. b.

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