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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 62.1928

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Friedeberger, Hans: Ausstellung der Berliner Akademie 1928
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M., K.: Der dekorative Ertrag der Pressa
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https://doi.org/10.11588/diglit.9251#0359

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Ausstellung der Berliner Akademie 1928

Preis des Geh. Rats Duisberg bekam, gehört in
diese Reihe, aus der man sich als bestes ein
Damenbildnis von Röhricht und eine beson-
ders schöne Winterlandschaft von Krauskopf
merkt, der sich immer besser und kräftiger
entwickelt. Ein Versuch in der Monumental-
malerei ist Jacob Steinhardts Bild des Be-
triebsrats der Goeritz A.-G., große Gestalten
um einen Tisch auf dem Fabrikhof. Es ist kein
übles Bild, namentlich im farbigen Aufbau und
in einzelnen Köpfen und Händen gut gegriffen,
aber die Energie der Formempfindung und
-Wiedergabe reicht doch noch nicht völlig für
diesen Maßstab aus.

Der monumentale Versuch der jungen Ge-
neration ist noch weniger gut ausgefallen, Ra-
faello Busonis „Toskanischer Abend". Auch
bei ihm sind die großen Flächen und die großen
Formen nichtbewältigt. Hierist die bedeutendste
Erscheinung George Gro s z, dessen außerordent-
liches Bildnis des Dichters Max Hermann-Neiße
den Michels-Preis erhalten hat. Auch weitere
Preise sind an die Jungen gefallen: an den sehr
begabten Ernst Wilh. Nay die zweite Hälfte des
Geh. Rat Duisbergschen, an die Neulinge Otto
Frey tag und Hans Joachim Lau der Preis Dr.
Solmssens. Überhaupt tummeln sich gerade hier
besonders viel neue lebendige Kräfte: Der bizarr-
geschmackvolle Mannheimer Xaver Fuhr, der
von seinem Lehrer Vlaminck allmählich sich
etwas lösende Rudolf Jacobi und die zarte
Annot, seine Frau, der Württemberger Curt
Weinhold, Heyduck aus Breslau, Herbert
Seemann-Dresden, der Hamburger Heinrich
Stegemann und von Berlinern Nicolaus Sagre-
kow, Georg Ehmig, und — mit einer modernen
Variante der Tizianischen Venusmotive — Oskar
v. Schab, um einige zu nennen. Ein großer
Teil der jungen Leute ist schon durch die neue
Sachlichkeit gegangen, die man heut so gern
tot sagt. Das ist wohl übertrieben, aber eine
Umbildung geht vor sich, und es wird nun bald
Zeit sein, sich überhaupt einmal der Frage nach
dem Wesen und den Abgrenzungen dieser
Sehtendenz zu widmen. Augenblicklich scheint
so etwas wie eine Romantisierung stattzufinden,
und wenn die Schrimpfschen Bilder auf der
Sezession an Runge und CD. Friedrich erinner-
ten, so taucht vor einer Mutter mit Kind des
jungen Weinhold der Name Tischbein in der
Erinnerung auf, und auch der Schauspieler
Heusers in seiner glühenden Farbigkeit ist
romantisch. Eins aber ist sicher: allen ist der
Durchgang durch den Sachlichkeits-Bezirk gut
bekommen. Sie sind bescheidener geworden,
offener in ihrer Arbeit, eben sachlicher. Und
wenn sich die Grenzen der Begabungen hier

schneller und deutlicher kundmachen als früher,
— (denn mit „Sachlichkeit" läßt sich schwerer
mogeln als mit „Ismen" aller Art; Gefühl und
Pedal verdecken viel Unsauberkeit im Anschlag)
nun, dann kann die Kunst doch nur Vorteil
davon haben.

Die Plastik schwingt in längeren Entwick-
lungsbogen als die Malerei. Hier ist das Bild
stetiger. Es dominiert eine Sonderschau von
August Kraus, daneben findet man von Be-
kannten u. a. die Sintenis, Klimsch, Milly
S t e ge r, eine besonders gute Figur von Alexan-
der 0 p p 1 e r. Der Staatspreis fiel an Christoph
Voll aus Saarbrücken, von dessen Arbeiten
hier vor kurzem ausführlich die Rede war. Von
jüngeren merkt man sich die Berliner Hans
Mettel und Kurt Radtke, und, als Arbeit
seltenerer Art, das Modell für die in Linden-
holz geschnitzte Chorschranke der Universitäts-
kirche in Marburg von Walter Lemcke-Berlin.
*

DER DEKORATIVE ERTRAG
DER PRESSA

Nicht von den architektonischen Leistungen,
die die Pressa gezeitigt hat, soll hier die
Rede sein. (Soweit die Stadt Köln selbst als
Bauherr tätig war, hat der Kölner Stadtbau-
meister Adolf Abel als tüchtiger und geschmack-
voller Architekt sich bewährt.) Auch die innen-
architektonischen und dekorativen Arbeiten
können bei der Kürze des Raumes nicht in
ihrer Gesamtheit gewürdigt werden. Daß man
Ausstellungsstände, wenn die richtige Hand wal-
tet, heute mit großem Geschmack aufbauen
kann, ist erfreulich, doch nichts außerordent-
liches. Hier soll in der Schnelligkeit nur die
Frage gestellt werden: Hat die Pressa im Deko-
rativen etwas Besonderes gebracht?

Da ergibt es sich, daß nach dem Urteil aller
Kritiker die Überraschung der Pressa die kul-
turhistorische Abteilung ist. Das war nicht er-
wartet worden. Man hatte die kulturhistorische
Abteilung (wie schulmeisterlich schon das Wort!)
in dem Gesamtplan als eine Art Reverenz vor
dem Bddungsbedürfnis des Deutschen vorge-
sehen, als eine mehr akademische Sache, die
unvermeidlich etwas museumhaftes bekommen
würde, hatte sie darum auch abseits des großen
Hallenkomplexes in der ehemaligen Kürassier-
kaserne untergebracht (die das künftige Museum
der Stadt Köln werden soll). Man wußte zwar,
daß die wissenschaftlichen Bearbeiter recht
wertvolles Material zusammenbringen würden,
rechnete aber von vornherein damit, daß nur
die Kenner zu seiner Würdigung Verständnis
und Muße aufbringen würden. Wenn diese Ab-

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