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Vom Geist der Keramik
DOI Seite / Zitierlink: https://doi.org/10.11588/diglit.9251#0202
PROFESSOR HANS ADAMETZ—GRAZ
VOM GEIST DER KERAMIK
Der Geist der Keramik wird bestimmt von der grenzen-
losen Bildsamkeit ihres Materials. Denn dieses ist
weich und formbar in jeder Weise, verlockt also von selbst
den Menschen zu freier, spielender Äußerung. So kommt
die Keramik zu einer ganz anderen „Gesinnung" als die
Steinskulptur. Sie stellt sich zu dieser ähnlich, wie die
Graphik zur Malerei. Sie nimmt die lyrische oder witzige
Äußerung auf, den raschen Einfall, die flotte Impression.
Sie zeigt die bildende Hand, sie kann in Andeutungen
und Abkürzungen reden. Während die Skulptur immer
ein geheimes Verlangen nach der objektiven Form und
nach der objektiven, geistigen Bedeutung hat, bleibt die
Keramik immer mehr in Fühlung zum Subjektiven: das
menschliche Ich ist es, das sie ausspricht, mit seinen Lau-
nen und Eindrücken und schnell erfaßten Ideen. Zeigt
nicht die Formgeschichte des Kachelofens, daß die Künst-
ler dies schon früh begriffen haben? Wie hat man schon
vom Mittelalter an mit seiner Form gespielt, was hat man
an Geschichten und witzigen Bemerkungen auf seine
Fliesen geschrieben, wie frei hat sich die Phantasie an
ihm ergehen dürfen! Man weiß, wie ausgiebig neuere
Keramiker, namentlich die Wiener, diese Möglichkeiten
des Kachelofens genutzt haben. Alle Gestalten, die ein
raumverdrängender Hohlkörper annehmen kann, haben
sie ihm gegeben, Vasen- und Blumenformen, Kasten- und
Tierformen, gradlinige und kurvenreiche Formen. Wie
anmutend ist die Möglichkeit, diesen Ofen von einem
Künstler entwerfen zu lassen, und wie häufig haben be-
güterte und kultivierte Menschen von ihr Gebrauch ge-
macht? Berücksicht man unter dem Begriff „Keramik"
alle Materien, die keramisch verarbeitet werden, so kann
man sagen, daß heute die Keramik zum hauptsächlichsten
Träger des Schmuckgedankens im Heim geworden ist.
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VOM GEIST DER KERAMIK
Der Geist der Keramik wird bestimmt von der grenzen-
losen Bildsamkeit ihres Materials. Denn dieses ist
weich und formbar in jeder Weise, verlockt also von selbst
den Menschen zu freier, spielender Äußerung. So kommt
die Keramik zu einer ganz anderen „Gesinnung" als die
Steinskulptur. Sie stellt sich zu dieser ähnlich, wie die
Graphik zur Malerei. Sie nimmt die lyrische oder witzige
Äußerung auf, den raschen Einfall, die flotte Impression.
Sie zeigt die bildende Hand, sie kann in Andeutungen
und Abkürzungen reden. Während die Skulptur immer
ein geheimes Verlangen nach der objektiven Form und
nach der objektiven, geistigen Bedeutung hat, bleibt die
Keramik immer mehr in Fühlung zum Subjektiven: das
menschliche Ich ist es, das sie ausspricht, mit seinen Lau-
nen und Eindrücken und schnell erfaßten Ideen. Zeigt
nicht die Formgeschichte des Kachelofens, daß die Künst-
ler dies schon früh begriffen haben? Wie hat man schon
vom Mittelalter an mit seiner Form gespielt, was hat man
an Geschichten und witzigen Bemerkungen auf seine
Fliesen geschrieben, wie frei hat sich die Phantasie an
ihm ergehen dürfen! Man weiß, wie ausgiebig neuere
Keramiker, namentlich die Wiener, diese Möglichkeiten
des Kachelofens genutzt haben. Alle Gestalten, die ein
raumverdrängender Hohlkörper annehmen kann, haben
sie ihm gegeben, Vasen- und Blumenformen, Kasten- und
Tierformen, gradlinige und kurvenreiche Formen. Wie
anmutend ist die Möglichkeit, diesen Ofen von einem
Künstler entwerfen zu lassen, und wie häufig haben be-
güterte und kultivierte Menschen von ihr Gebrauch ge-
macht? Berücksicht man unter dem Begriff „Keramik"
alle Materien, die keramisch verarbeitet werden, so kann
man sagen, daß heute die Keramik zum hauptsächlichsten
Träger des Schmuckgedankens im Heim geworden ist.
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