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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 62.1928

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Schürer, Oskar: Christian Voll - Saarbrücken
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https://doi.org/10.11588/diglit.9251#0047

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CHR. VOLL —
SAARBRÜCKEN
»SELBST-
BILDNIS«

CHRISTIAN VOLL-SAARBRÜCKEN

VON DR. OSKAR SCHURER

Wer heute mit plastischer Begabung ge-
schlagen ist, hat es schwer. Schwerer als
jemals. Denn diese Zeit wehrt sich gegen drei-
dimensionale Gestaltung. Hat Angst vor ihr.
Wie kommt es? Ist es nur Entwöhnung durch
die Dauer eines unplastischen Jahrhunderts,
das hinter uns liegt. Oder erfüllt sich plastischer
Sinn heute direkter als je zuvor, in der Be-
wältigung des Raums durch die Technik etwa?
Müßten nicht gerade solchem Erleben Kompen-
sationen in körperlich-plastischer Gestaltung
entsprechen! Ist es also nur die Dumpfheit der
Zeit — in dieser Beziehung natürlich nur!? —
die das plastische Erleben, wie es in der Kunst
sich dartut, ablehnt. Dabei das Paradox kaum
spürt, daß gerade heute ihr ein besonders
lebendiger Durchschnitt guter Bildhauer ge-
schenkt ist. Daß im aktiv-schöpferischen also
der plastische Trieb reger ist wie seit langem!
Jedenfalls: Der Bildhauer von heute hat es
schwer. Fügt er sich in zuchtvolle Form, gar in

Tradition, so schimpft man ihn „Klassizist".
Stemmt er sich gegen Überkommenes an, läßt
er vitale Kräfte unbeirrt schalten, so schilt man
ihn grob oder roh. Aber schließlich: ein rechter
Künstler braucht ja den Widerstand von außen.
Wenn nur von innen ungebrochene Kräfte strö-
men. Da aber lauert ja erst der eigentliche
Konflikt des heutigen Plastikers. Aus welcher
inneren Welt heraus darf er schaffen. Haben
wir eine für eine ideale Gemeinschaft verbind-
liche Welt in uns? Es ist die Tragik des moder-
nen Künstlers, an die wir da rühren. Für den
Maler wird sie durch die Konvention eines
bilderkaufeDden Publikums überkleistert. Für
den Bildhauer verschärft sie sich aber aus der
Fremdheit des heutigen Menschen aller Plastik
gegenüber. Und nicht nur der Ausdruck des
Plastischen ist den Heutigen fremd. Nein: ganz
grob zwecklich weiß er nichts mit ihr anzu-
fangen. AlsAbbild? Werläßt sich modellieren?
Als Schmuck? Macht nicht eben jetzt unsere

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