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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 62.1928

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Laeuger, Max: Vom Wesen der Keramik
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https://doi.org/10.11588/diglit.9251#0059

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PROF. MAX
LAEUGER.
»PLASTIK«
16 CM HOCH

VOM WESEN DER KERAMIK

VON PROF. DR. MAX LAEUGER

Menschen, die einen angeborenen Sinn für
keramische Schönheiten haben, gibt es sehr
viele, und sie haben nicht lange zu suchen, um
das keramisch wertvollste Stück unter Hunder-
ten herauszufinden.

Mit Menschen, die diesen Sinn nicht haben,
ist über das Wesen der Keramik schwer zu
reden, und namentlich, wenn man keine Bei-
spiele oder farbige Abbildungen zur Hand hat.

Mein Ziel in der Keramik ist das: der Keramik
wieder die Schönheiten zu erobern, die verloren
gingen, und die nur noch in wenigen Stücken
in Museen (Berlin, Kaiser-Friedrich-Museum)
zu bewundern sind, und zu zeigen, daß in der
Keramik noch viele neue Reize verborgen liegen.

Da aber die technischen Vorgänge kein Ge-
heimnis mehr sind wie früher, so wird das Ge-
lingen in erster Linie vom Einfluß des Künst-
lers im Keramiker abhängen (von der Fähig-
keit, die Technik beseelen zu können)......

Seit der Zeit, in der jene alten persischen Ar-
beiten entstanden sind, ist die Keramik stetig
zurückgegangen. Ihren tiefsten Stand erreichte
sie mit dem Beginn der modernen Fabrikation.

Es gibt in der Keramik Unterschiede in Be-
zug auf Wirkung und Nutzbarkeit; Gebrauchs-
gegenstände und technische Keramik sind andern
Bedingungen unterworfen als Kunst- und Bau-
keramik; wobei natürlich bei Gebrauchskeramik
die künstlerische Gestaltung nicht ausgeschlos-
sen sein soll. Während zum Beispiel in der Ge-
brauchskeramik etwaige Glasurrisse (Haarrisse)
und Wasserdurchlässigkeit unbedingt als Fehler
gelten, können andererseits in der Kunstkeramik
unreine Bestandteile in der Glasur und Risse
zur Bereicherung der Wirkung beitragen.

Die Ausdruckskraft des Materials ist außer-
dem abhängig von der Durchsichtigkeit und der
Stärke der Glasur, die wasserhell bis undurch-
sichtig und von einem Bruchteil eines Millimeters

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XXXI. April 1928. 6
 
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