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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 62.1928

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Riess, Margot: Die Künstler-Gruppe "Novecento" in Italien
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https://doi.org/10.11588/diglit.9251#0081

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GIGIOTTI ZANINI

»LANDSCHAFT« 1M7

DIE KÜNSTLER-GRUPPE „NOVECENTO" IN ITALIEN

VON DR. MARGOT RIESS

Diese Künstler sind nicht auf der Suche nach
„Neuland". Ibre Kunst ist, wie ja das
ganze Rinascimento es auch im letzten Grunde
war, Ausdruck und Bekenntnis stärksten Natio-
nalgefühls. Diese Künstler sind stolz darauf,
Enkel zu sein! Tatsächlich ist ihr Verhältnis zu
den heimischen großen Vorbildern von prin-
zipiell anderer Art wie das, was man gemein-
hin mit Eklektizismus zu bezeichnen pflegt.
Keine Anklänge, die man sich bemüht, mög-
lichst im Werke zu vertuschen, kein Hinschielen
nach verbrauchtem Anregungsstoff, sondern
eine Art bewußter Wiederbelebung ererbten
stolzesten Besitzes. Theoretisch genommen
natürlich ein angreifbares Beginnen. Aber wie
stand es denn mit anderem? Können wir das
Rezept des Naturalismus (des alten und
neuen) achten? Nein, aber weil seine Idee
Feuer war in der Seele der Künstler, wurde
er Impuls zu Größtem. Wiederbelebung frei-
lich, das bedeutet heute wie damals auch „vu

par un temperament". Und daß dieses hier
vorhanden ist, muß man erkennen, wenn man
imstande ist, hinter die uns allerdings zu An-
fang leicht beirrende Simplizität des Motives zu
blicken. Es gehört heute Mut dazu, die Berge
so hinzusetzen, so nackt und spielzeughaft
wie es die frühen Quattrocentisten ebenfalls
taten, denn der Künstler macht sich damit der
Todsünde der Unoriginalität verdächtig. Aber
das gerade beweist manchmal eine Art künst-
lerischer Unverdorbenheit. „Die deutschen
Professoren, erklärte mir einer der Mailänder
Künstler mit komischer Verzweiflung, teilen
meine Bilder in abstrakte und figürliche ein —
ich verstehe das nicht, es ist für mich doch
genau das Gleiche." Können wir uns hier viel-
leicht noch belehren lassen? Tatsächlich, wenn
etwa Alberto Salietti (Mailand) eine Bäuerin
vor einem Haus malt, so ist da soviel Mathe-
matik, soviel Architektonik und heimliche Musik
darin, wie nur je in einem Stück „absoluter"

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I. Mai 1928. 1
 
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