Die Künstler-Gruppe -»Novecento* in Italien
74
ANTONIO DONGHI
Geschehnis an Geschehnis, die Menschen treten
uns in diesen Romanen mit der gleichen Ge-
lassenheit und Würde entgegen wie auf den
Bildern der Maler. — Etwas von dem heroischen
Mythos der Antike spricht im Besondern aus
den mächtigen Frauenköpfen des Achille Funi
(Mailand). Andere wieder drücken das Erlebnis
des ruhigen Daseins großer Formen in Stilleben
mit weitgewölbten Vasen und Früchten aus,
immer ist es die Feier der Stille, die Musik des
Schweigens, die von diesen Künstlern vor-
getragen wird, mit besonderer Innigkeit von
denen, die „Bekehrte" sind, denn die Bedeutend-
sten, Carrä und Chirico kommen, wie man
weiß, vom Auflösungstaumel des Futurismus
her. A. Tosis farbenselige Blumen und Land-
« KARNEVAL« 192i
schaffen lassen noch das Daseinsgefühl des Im-
pressionismus spüren, dessen Konsequenz es
ist, daß dieser sehr „malerisch" empfindende
Künstler im Gegensatz zu den andern des
Kreises der Novecentisten an den Problemen
der Plastik der menschlichen Figur vorbeigeht.
Wie Nachklang aus einer von den andern
längst „überwunden" geglaubten Zeit mutet
vor allem das Schaffen des im Jahre 1920 ver-
storbenen Amadeo Modigliani an, dem in Paris
allzurasch Schaffen und Leben zerrann, bevor
es reifen konnte. In seinen brüchig-feinen, zart
wie japanische Arabeske hingeschmiegten Ge-
stalten, die wie Blumen von eigner Süße schwer
die Köpfe hängen lassen, ist klangreiche Lyrik,
die mit dem entschiedenen Diesseitswillen der
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ANTONIO DONGHI
Geschehnis an Geschehnis, die Menschen treten
uns in diesen Romanen mit der gleichen Ge-
lassenheit und Würde entgegen wie auf den
Bildern der Maler. — Etwas von dem heroischen
Mythos der Antike spricht im Besondern aus
den mächtigen Frauenköpfen des Achille Funi
(Mailand). Andere wieder drücken das Erlebnis
des ruhigen Daseins großer Formen in Stilleben
mit weitgewölbten Vasen und Früchten aus,
immer ist es die Feier der Stille, die Musik des
Schweigens, die von diesen Künstlern vor-
getragen wird, mit besonderer Innigkeit von
denen, die „Bekehrte" sind, denn die Bedeutend-
sten, Carrä und Chirico kommen, wie man
weiß, vom Auflösungstaumel des Futurismus
her. A. Tosis farbenselige Blumen und Land-
« KARNEVAL« 192i
schaffen lassen noch das Daseinsgefühl des Im-
pressionismus spüren, dessen Konsequenz es
ist, daß dieser sehr „malerisch" empfindende
Künstler im Gegensatz zu den andern des
Kreises der Novecentisten an den Problemen
der Plastik der menschlichen Figur vorbeigeht.
Wie Nachklang aus einer von den andern
längst „überwunden" geglaubten Zeit mutet
vor allem das Schaffen des im Jahre 1920 ver-
storbenen Amadeo Modigliani an, dem in Paris
allzurasch Schaffen und Leben zerrann, bevor
es reifen konnte. In seinen brüchig-feinen, zart
wie japanische Arabeske hingeschmiegten Ge-
stalten, die wie Blumen von eigner Süße schwer
die Köpfe hängen lassen, ist klangreiche Lyrik,
die mit dem entschiedenen Diesseitswillen der