DOI article:
Neugass, Fritz: Isaac Grünewald
DOI Page / Citation link:https://doi.org/10.11588/diglit.9251#0301
1SAAC GRUNEWALD
GEMÄLDE »DAS ATELIER«
ISAAC GRÜNEWALD
VON DR. FRITZ NEUGASS —PARIS
Im Jahre 1908 — dem großen Wendepunkt
der modernen Malerei — kam der 18jährige
Schwede Isaac Grünewald als ein junger suchen-
der Künstler nach Paris. Schon in Stockholm
hatte er den akademischen Stil abgeschworen
und war begeisterter Jünger des schwedischen
Malers Ernst Josephson, der den skandinavischen
Künstlern als Erster den neuen Stil des Impres-
sionismus verkündete. Josephson begeisterte
sich lür Manet, Courbet und Bastien Lepage,
bekämpfte jeglichen Akademismus und grün-
dete eine Schule, die alle jungen, strebenden
und unabhängigen Talente vereinte. Aus diesem
Kreise kam Grünewald und wurde einer der
Vorkämpfer für die Ideen der neuen Kunst.
Paris war zu dieser Zeit stärker als heute
der geistige Mittelpunkt für alle künstlerischen
Probleme. Derlmpressionismus hatte sein letztes
Wort gesprochen und seine Entwicklung sieg-
reich vollendet. Die Jungen suchten bereits
wieder neue Wege und bereiteten in nächtlichen
Debatten die Revolution gegen die überliefer-
ten Formen vor. Die „Fauves" bekämpften
alles, was gerade in Mode war, die „l'art pour
l'art", die „schöne Geistlosigkeit" der spät-
impressionistischen Malerei und den Pseudo-
naturalismus des Seelenbildners Rodin. Man
suchte die Kunst mit einem neuen Geist zu
durchdringen, brach mit aller Tradition und
schuf neue Formen, die das Schlagwort „Die
Wilden" im wahrsten Sinne rechtfertigten. Die
Führer dieser Richtung — sofern man hier von
einer Richtung im Sinne einer neuen Einheit
sprechen darf — warenMatisse, Braque, Picasso,
Van Dongen, Vlaminck, Dufy und Friesz; sie
sind die Wurzeln zu dem weitverzweigten
Baume der neuen Kunst, der heute so viele
verschiedene Früchte zur Reife gebracht hat.
In dieses Chaos gärender Kräfte kam Grüne-
wald und faßte Fuß in dem Atelier von Matisse
am Boulevard des Invalides. Matisse war da-
mals einer der Radikalsten, der selbst in heißem
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GEMÄLDE »DAS ATELIER«
ISAAC GRÜNEWALD
VON DR. FRITZ NEUGASS —PARIS
Im Jahre 1908 — dem großen Wendepunkt
der modernen Malerei — kam der 18jährige
Schwede Isaac Grünewald als ein junger suchen-
der Künstler nach Paris. Schon in Stockholm
hatte er den akademischen Stil abgeschworen
und war begeisterter Jünger des schwedischen
Malers Ernst Josephson, der den skandinavischen
Künstlern als Erster den neuen Stil des Impres-
sionismus verkündete. Josephson begeisterte
sich lür Manet, Courbet und Bastien Lepage,
bekämpfte jeglichen Akademismus und grün-
dete eine Schule, die alle jungen, strebenden
und unabhängigen Talente vereinte. Aus diesem
Kreise kam Grünewald und wurde einer der
Vorkämpfer für die Ideen der neuen Kunst.
Paris war zu dieser Zeit stärker als heute
der geistige Mittelpunkt für alle künstlerischen
Probleme. Derlmpressionismus hatte sein letztes
Wort gesprochen und seine Entwicklung sieg-
reich vollendet. Die Jungen suchten bereits
wieder neue Wege und bereiteten in nächtlichen
Debatten die Revolution gegen die überliefer-
ten Formen vor. Die „Fauves" bekämpften
alles, was gerade in Mode war, die „l'art pour
l'art", die „schöne Geistlosigkeit" der spät-
impressionistischen Malerei und den Pseudo-
naturalismus des Seelenbildners Rodin. Man
suchte die Kunst mit einem neuen Geist zu
durchdringen, brach mit aller Tradition und
schuf neue Formen, die das Schlagwort „Die
Wilden" im wahrsten Sinne rechtfertigten. Die
Führer dieser Richtung — sofern man hier von
einer Richtung im Sinne einer neuen Einheit
sprechen darf — warenMatisse, Braque, Picasso,
Van Dongen, Vlaminck, Dufy und Friesz; sie
sind die Wurzeln zu dem weitverzweigten
Baume der neuen Kunst, der heute so viele
verschiedene Früchte zur Reife gebracht hat.
In dieses Chaos gärender Kräfte kam Grüne-
wald und faßte Fuß in dem Atelier von Matisse
am Boulevard des Invalides. Matisse war da-
mals einer der Radikalsten, der selbst in heißem
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