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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 62.1928

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Schürer, Oskar: Surrealistische Photographie
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https://doi.org/10.11588/diglit.9251#0305

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ISAAC GRUNEWALD

GEMÄLDE »TODLON« 1927

SURREALISTISCHE PHOTOGRAPHIE

Tm Pariser „Salon Surrealiste" in der Rue
1 Chacques Callot stellt der in Paris schaffende
Amerikaner M a n R a y seine neuesten photo-
graphischen Arbeiten aus. Er hat für seine
Ausstellung das richtige Milieu gewählt: seine
Photographien sind wirklich surrealistische
Bilder, d. h. Darstellung von Traumdämmern
und unterbewußtem Ahnen geworden. Und
damit hat er ein neues Gebiet für seine Photo-
graphie erobert, dessen Ergiebigkeit die gleiche
sein kann, wie die aller surrealistischen Malerei.
Man Ray war als einer der ersten in die kon-
struktive Photographie vorgestoßen. Nun, im
Vollbesitz eines hohen technischen Könnens,
folgt er seismographisch genau den Strömungen
der modernen Malerei. Er landet heute also
bei dem, was man der Photographie der ver-
gangenen Jahrzehnte mit Recht zum Vorwurf
gemacht hatte, — er aber darf es, denn er hat
der Photographie die eigenen Wirkungsbeding-
ungen gesichert, auf Grund deren er nun den
bildnerischen Zeitgeist zu verwirklichen trachtet.

Früher imitierte die Photographie die Malerei.
Jetzt tritt sie hinüber in die Allgemeinsphäre
bildnerischer Gestaltung. Die Surrealisten, eine
Gruppe junger Maler und Schriftsteller in Paris,
streben über das Nur-Wirkliche hinaus und
suchen die phantastischen Gebilde der Bewußt-
seinsdämmerungen im Bilde zu gestalten. Man
Rays kameralose Lichtbildnerei treibt aus ihrer
eigensten Technik heraus ebendorthin. Hat er
in seiner vorletzten Phase möglichst „konstruk-
tivistisch" gestaltet, ähnlich wie Moholy Nagy
und Kandinsky in ihren Malereien, so löst er
diese klaren Gebilde nun wieder auf, läßt ein
Lichtschweben und Schattenbrodeln über phan-
tastisch-gekurvte Gegenstände gleiten, daß man
sich im Anblick dieser Blätter wirklich in Traum-
lande versetzt glaubt. Eine hochgetriebene
Technik wahrt diesen Kompositionen dabei alle
Reize und Feinheiten erlesener Photographie.
Hinter all dem steht für uns aber doch die
Frage auf, wieweit Photographie wesensmäßig
an Gegenstandsreferat gebunden bleibt. o. s.

XXXI. Aügnst 1928. 3
 
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