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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 62.1928

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Hausenstein, Wilhelm: Die venezianische Internationale
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https://doi.org/10.11588/diglit.9251#0318

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Die venezianische Internationale

auch trotz der relativen Schwäche des plasti-
schen Beitrags, merkwürdig: denn wenn man die
konventionellen Öden des spanischen, des unga-
rischen Pavillons durchmessen hat, weilt man
zum wenigsten beschäftigt im deutschen.

Die Belgier feiern das Gedächtnis einiger ihrer
besten Toten: des Henri Evenepoel, derXavier
Mellery, Marcel Jefferys, Guillaume Vogels,
Maurice Wagemans. Das Malerische im Sinn
des ausgehenden 19. Jahrhunderts, das Kolo-
ristische, das Tonmalerische, auch das Impres-
sionistische sind hier in schönen, für die Dauer
gültigen, wiewohl zum Teil auch bescheidenen
Zeugnissen beurkundet.

Der holländische Pavillon verstimmt durch
das Gequälte seiner mannigfachen modernisti-
schen Programmatik: durch das Gequälte, das
Naturlose, Nervenschwache so vieler moder-
nistischer Kundgebungen, besonders der „ab-
strakten". Der Sowjetpavillon verblüfft und
verdrießt durch die Abgestandenheit seines
akademischen Naturalismus, dem die politischen
Beziehungen kein neues Leben einhauchen!

Die moderneren Wendungen der Russen sind
erstaunlich schwach.

Es gibt in dieser Ausstellung viel Wüste und
wenig Oasen. Eine Abteilung unter dem Titel
„Scuola di Parigi" zeigt viel Mittelmäßiges;
Chagall hebt sich wohl heraus, ist aber matter
als sonst, und der Japanopariser Foujita, von
der Mode umschrien, bedeutet eine kühl-raffi-
nierte Geschicklichkeit. Die Abteilung „moder-
nes Bühnenbild" ist grell und an Erfindung arm
(besonders die durch pompöse Stichworte auf-
fallende Bühnenabteilung der Futuristen, die
wahrhaftig noch immer da sind als eine ge-
ronnene Revolution): auch ist die Bühnen-Ab-
teilung sehr unvollständig; tragende europäische
Namen fehlen. Mit freundlichen Empfindungen
verläßt man die graphischen Wände des eng-
lischen, des tschechoslowakischen Pavillons.
Die konservativen englischen Graphiker (z. B.
Brockhurst) sind angenehm. Der ruhige Moder-
nismus des Tschechoslowaken Svabinsky gehört
zu den wohltuenden Momenten des Gänzen,
die, ach, so selten sind............ w. h.

HERBERT PLOBERGER—BERLIN. ZEICHNUNG »AM FRÜHSTÜCKSTISCH«
 
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