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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 62.1928

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Fels, Florent: Der Maler Per Krohg
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https://doi.org/10.11588/diglit.9251#0364

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Der Maler Per Krohz

PER KROHG—PARIS

Seit dieser Zeit ist Per Krohg von einem Be-
dürfnis nach Leben, nach Tiefe beherrscht. Er
will ein Schauspiel des Lebens schaffen, er will
seinen Personen eine Funktion geben, „irgend
eine Geste, ob sie nun auf uns zukommen
oder sich entfernen oder in der Weite vorüber-
ziehen; nur sollen sie nicht bloß Figur sein, ge-
bannt in die Haltung eines Akademiemodells".

Alles ist ihm Geheimnis, ein Teich im Wald,
ein Hund auf der nächtlichen Straße, ein
Kleidungsstück, eine Locke.

Er sammelt diese Geheimnisse, er bewahrt
sie, ohne sie zu entschleiern. Er will nicht alles
erklären, er will nicht alles wissen. Er will
nicht bloßlegen. Er will das Geheimnis leben.

Der Kubismus enthüllte ihm die ganze Karg-
heit einer Malerei ohne Tiefe. Daher will er,
daß der Raum sich belebe, daß er sich bevölkere
mit Menschen und Dingen in der wahren Hal-
tung ihres Daseins. Die Bewegung zerreißt zwar
die Gesten und kann den schönsten Menschen
burlesk erscheinen lassen. Aber dieses Burleske
gefährdet nicht die Schönheit eines Werkes.

Und das Leben selbst liefert ihm Stoff zur
Verwirklichung seiner tieferen Absichten.

Es ist Krieg. Er weilt in Schweden. Er ist
arm. Die Schiffe wagen sich nicht aufs hohe
Meer; ein Wald von Masten streckt sich bis
zum Horizont. Nach Frankreich kann er nicht

GEMÄLDE »FERIEN-ARBEIT«

zurückkehren. Da zieht er nun von Stadt zu
Stadt, macht Zeichnungen und Skizzen, um
seinen Lebensunterhalt zu verdienen; abends
tanzt er mit seiner Frau im Variete oder im
Zirkus. Hinterm Vorhang skizziert er Bären,
Affen und Elefanten, die ihre Mahlzeit halten
oder auf einer Riesenkugel balanzieren. Im
Dunkel kauernd, die zitternde Frau in den Ar-
men, wartet er, bis das mächtige Tier bei der
Rückkehr aus der Manege mit Schnauben und
Stampfen an ihnen vorüber ist.

Dann springen sie ins Licht hinaus.

Tänze, kluge Tiere, Reisen, Häfen, Hotels
und die heitere Liebe einer kleinen Frau, die
fast noch Kind ist. Sie haben Erfolg durch ihre
Jugend und den Reiz ihrer entzückenden Körper.

Endlich, nach einer Dienstzeit als Kranken-
träger beim Roten Kreuz, kehrt er nach Frank-
reich zurück und findet sein Paris wieder. Er
hat einen Schritt ins Leben getan und doch
seine Träume nicht verloren. Er sucht das Ding,
wie es sich regt in der Umwelt, die sein Dasein
bestimmt. Jetzt sucht er die Bilder sichtbar zu
machen, die seinen Geist ergriffen und be-
schäftigt haben. Er lebt in einer Atmosphäre,
die man heute kennt als den „Stil des Per
Krohg". Dieser Stil ist das Werk eines naiven
und doch wissenden Geistes, eines jugendlichen
und erstaunlichen Könnens.....florent fels.

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