DER BILDHAUER ERICH KUHN
VON DR. WALTER COHEN
In Düsseldorf hat die Plastik immer einen
schweren Stand gehabt. Spricht man nicht
heute noch fast immer von der „rheinischen
Malerakademie"? Daß aus ihr Lehmbruck,
ein Schüler Karl Janssens, hervorgegangen ist,
wird ihr immer zum Ruhme gereichen; heute
lehren dort die Professoren Hubert Netzer und
Richard Langer, aus deren Bildhauerklassen
vortreffliche jüngere Plastiker hervorgegangen
sind, von denen nur Breker, Sommer und
Schwippert genannt sein mögen. Unabhängig
von der Akademie entwickelten sich einige
jüngere Künstler, es sind nur wenige, die den
Mut hatten, in dieser Malerstadt, denn das
ist Düsseldorf geblieben, der im Grunde dort
unpopulären Plastik sich zuzuwenden. Erich
Kuhn (geb. am 31. Juli 1890 in Berlin) kam
erst 1926 nach Düsseldorf, nachdem auch er
ursprünglich zum Maler ausgebildet worden
war. Mit Staunen sehe ich bei ihm ein Vorwärts-
schreiten, das in wenigen Jahren die Summe
vorausgegangener Arbeit nicht zu ziehen, sie
vielmehr zu negieren scheint. Denn Kuhn, der
vorübergehend auch Schüler von Corinth ge-
wesen ist, war ursprünglich auch in der Plastik
ein Maler, und nun zeigt es sich, daß er mehr
und mehr in nicht modebedingter, sondern
durchaus ernsthafter Weise auf geschlossene
Form losgeht. Daß sie in den letzten Schöp-
fungen so erdhaft gedrungen erscheint, mag
sich auch, rein-persönlich, dadurch erklären,
daß der Künstler von den Eltern her aus west-
fälischen Bauerngeschlechtern stammt. Seit je-
her, auch in den Zeiten unsicheren Tastens, ging
Kuhn den richtigen Weg, die Form für jede
Technik im eigentlichen Material selbst zu
suchen. Er ist gewohnt, ohne Modell sofort
in Stein oder in Holz zu schaffen. Ein 1928
in Kalkstein gearbeiteter „Knabe mit Hund",
der auf der „Juryfreien" in Berlin gezeigt wird,
387
XXXI. September 1998. 6 *
VON DR. WALTER COHEN
In Düsseldorf hat die Plastik immer einen
schweren Stand gehabt. Spricht man nicht
heute noch fast immer von der „rheinischen
Malerakademie"? Daß aus ihr Lehmbruck,
ein Schüler Karl Janssens, hervorgegangen ist,
wird ihr immer zum Ruhme gereichen; heute
lehren dort die Professoren Hubert Netzer und
Richard Langer, aus deren Bildhauerklassen
vortreffliche jüngere Plastiker hervorgegangen
sind, von denen nur Breker, Sommer und
Schwippert genannt sein mögen. Unabhängig
von der Akademie entwickelten sich einige
jüngere Künstler, es sind nur wenige, die den
Mut hatten, in dieser Malerstadt, denn das
ist Düsseldorf geblieben, der im Grunde dort
unpopulären Plastik sich zuzuwenden. Erich
Kuhn (geb. am 31. Juli 1890 in Berlin) kam
erst 1926 nach Düsseldorf, nachdem auch er
ursprünglich zum Maler ausgebildet worden
war. Mit Staunen sehe ich bei ihm ein Vorwärts-
schreiten, das in wenigen Jahren die Summe
vorausgegangener Arbeit nicht zu ziehen, sie
vielmehr zu negieren scheint. Denn Kuhn, der
vorübergehend auch Schüler von Corinth ge-
wesen ist, war ursprünglich auch in der Plastik
ein Maler, und nun zeigt es sich, daß er mehr
und mehr in nicht modebedingter, sondern
durchaus ernsthafter Weise auf geschlossene
Form losgeht. Daß sie in den letzten Schöp-
fungen so erdhaft gedrungen erscheint, mag
sich auch, rein-persönlich, dadurch erklären,
daß der Künstler von den Eltern her aus west-
fälischen Bauerngeschlechtern stammt. Seit je-
her, auch in den Zeiten unsicheren Tastens, ging
Kuhn den richtigen Weg, die Form für jede
Technik im eigentlichen Material selbst zu
suchen. Er ist gewohnt, ohne Modell sofort
in Stein oder in Holz zu schaffen. Ein 1928
in Kalkstein gearbeiteter „Knabe mit Hund",
der auf der „Juryfreien" in Berlin gezeigt wird,
387
XXXI. September 1998. 6 *