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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 62.1928

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Wenzel, Alfred: Über Konstruktionsmittel: Aus einem Dialog
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https://doi.org/10.11588/diglit.9251#0406

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Über Konstruktiommittel

architekt mallet-stevens—paris

achtete für das, was man malen wollte. Und
ebenso kultivierte man den Instrumentenbau
erst, als der Weg von der vokalen Linearmusik
zu instrumentaler Harmonik bereits beschritten
war. — Das ist das Wichtige im Kunstgeschehen,
daß — zumindest innerlich, — schon eine Wen-
dung vollzogen ist, bevor man sich systematisch
um das „neue" Material oder um die neue Kon-
struktion bemüht. — Und so wären auch die
einbetonierten Drahtnetze eine Privatangelegen-
heit des Gärtners Monier geblieben, wenn nicht
die „moderne Architektur" sich ihrer bemächtigt
hätte: daß sie es tat, geschah aber nicht von
ungefähr, sondern weil sie darin das „Mittel"
sah, die Möglichkeit erkannte, mit ihm dem,
was man als „Neues" wollte, zur Gestalt zu
verhelfen. — Glauben Sie nicht, daß der Fort-
fall aller Wölbungen eine zwangsweise Beschrän-
kung architektonischer Wirkungsformen sei.
Jedes baukünstlerische Schaffen entspringt dem
Streben nach der Realisierung bestimmter

aus der mallet-stevens-strasse

Formen, die man als erstrebenswert in sich trägt.
Und nur diese Formvorstellungen, die es in
sichtbare Gestalt umzusetzen gilt, veranlassen
die Beschäftigung mit Material- und Konstruk-
tionsmöglicbkeiten. Ginge unser Gestaltungs-
streben nicht nach der „Horizontalen" sondern
nach hochragenden „Überwölbungen", würden
wir sicherlich etwas anderes „erfunden" haben
als den Eisenbeton. — Und wenn Sie darauf
den Einwand erheben, daß Sie im modernen
Bau die Gewölbe und viele andere Elemente
architektonischer Wirksamkeit vermissen, so
kann darauf nur gesagt werden: wir verstehen
Ihre Einwände und halten sie für verständlich,
soweit wir ihre Gründe sehen. Es ist nun aber
auch an Ihnen, zu erwägen, ob nicht das, was der
moderne Architekt will, seinen guten Sinn hat.
Und vielleicht entdecken Sie in sich unerwartet
eine Gemeinsamkeit mit seinen Zielen, wenn
Sie zunächst den Irrtum von der „zufälligen"
Entstehung aufgeben". — . arch. dr. a. wenzel.

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