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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 62.1928

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Born, Wolfgang: Hertha Buchers Keramische Arbeiten
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https://doi.org/10.11588/diglit.9251#0408

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Hertha Buchers keramische Arbeiten

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HERTHA BUCHER—WIEN

entwerfend, sondern vom ersten Handgriff an
erzeugend vorzugehen, sinnfällig in Erscheinung
tritt. Da hat sie eine Schale geformt, deren
edle, schmucklose, auf der Töpferscheibe ent-
standene Wölbung von einem volutenhaft ge-
dehnten Fuß getragen wird, wie von einem
Delphin. Oder eine Vase, deren Gestalt —
man könnte sie sich als „schaumgeboren"
vorstellen — noch von den seligen Farben
des Meeres zu triefen scheint. Wie denn ein
durchsichtiges, kühles Grün als Grundfarbe
ihrer Glasuren gern wiederkehrt, auf dem mit
sicherem und zurückhaltendem Geschmack etwa
ein warmes Rostrot steht. Sichtlich hat die
plastische Gestaltung gegenüber der koloristi-
schen den Vorrang: die Geschlossenheit der
Form soll nicht unter dem Effekt akzidenteller
malerischer Einfälle leiden. Im Gegenteil wird

»GROSSER KACHEL-OFEN«

eine Unterstreichung des plastischen Charakters
durch einen sorgfältig abgestimmten Farbklang
erstrebt, der so einfach wie möglich gehalten ist.

Hertha Bucher bleibt sich treu, auch wenn sie
ihr eigenstes Gebiet verläßt und sich der figu-
ralen Plastik zuwendet. Sie bildet Tierkörper
von schöner Unmittelbarkeit der Empfindung,
ganz aus dem handwerklichen Geist des Töpfers
entwickelt. Und wenn sie die menschliche Ge-
stalt zu bilden unternimmt, so darf man das Ent-
standene als „Gefäß" in jenem sakralen Sinne
des Wortes deuten, der das lebendige Geschöpf
als mit dem Wein der Gottheit angefüllt auffaßt.

Grundstimmung aller Arbeiten der Künstlerin
ist eine tiefe Ehrfurcht vor der Aufgabe. Nichts
ist vor einer solchen Einstellung gering.

Noch im kleinsten und bescheidensten Ge-
bilde spricht der ganze Mensch....... w. b.
 
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