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1. Renaissance in Schweden
und der Wirtschaft in Anspruch genommen, und eine gewisse Ruhe-
pause tritt für etwa ein Menschenalter in der Entwicklung der
schwedischen Kunst ein.
Es sind die Schloßbauten der Krone, um die sich das Kunst-
schaffen des Zeitalters sammelt. Der neue Geschmack forderte die
Umwandlung der düsteren Burganlagen des Mittelalters in be-
quemere und heiterere Wohnungen, aber noch lange behauptete sich
die mittelalterliche Überlieferung in der Unregelmäßigkeit des
Grundrisses, in dem allseitig dicht geschlossenen Baublock, in den
mächtigen unaufgelockerten und ungegliederten Mauermassen, in
den bastionsartigen Ecktürmen. Dagegen nehmen die Zierformen
der Renaissance von Portalen, Fenstern, Erkern, Giebeln Besitz,
die Kurven behäbiger Turmhelme geben dem schwergelagerten
Baukörper einen gelassenen Auftrieb, und die Innenräume, mit
schmuckvollen Paneelen und Decken, mit Malereien und Gobelins
ausgestattet, kleiden sich in die Behaglichkeit der neuen Formen.
Es bildet sich durch die Begegnung der Stile zweier Zeitalter ein
malerisch reizvoller, launenhaft überraschender Mischstil, durch den
Gustav Wasas bedeutendster Bau, das 1537 bis 1544 von ihm
erneuerte Schloß Gripsholm am Mälar, sein Gepräge empfangen hat.
Auch die Umgestaltung von Vadstena hat bereits Gustav Wasa
begonnen, aber die Baugeschichte dieses Schlosses zog sich bis ins
erste Viertel des 17. Jahrhunderts hinaus, und so hat sich hier der
Stil der Renaissance in Gliederungen und Verhältnissen, sowie be-
sonders auch in der geräumigen Entfaltung der Treppenanlagen
bereits reiner und freier entfalten können. Johanns III. Haupt-
unternehmung war die Umgestaltung des altberühmten Schlosses
zu Kalmar, an der der von ihm berufene Dominicus Pahr den Haupt-
anteil hat. Er gehörte jener merkwürdigen, ursprünglich aus der
Lombardei stammenden Familie an, deren Weg nach dem deutschen
Osten und Norden August Hahr verfolgt hat; das Piastenschloß zu
Brieg und Teile des Güstrower Schlosses sind Werke von Mitgliedern
dieser Familie. In Kalmar weisen die Portale und Türumrahmungen,
weist der heitere Schloßbrunnen, den Dominicus Pahr zusammen
mit Roland Mockle geschaffen hat, in der strengen Anmut und der
feinen Profilierung der Formen noch auf den Zusammenhang mit
1. Renaissance in Schweden
und der Wirtschaft in Anspruch genommen, und eine gewisse Ruhe-
pause tritt für etwa ein Menschenalter in der Entwicklung der
schwedischen Kunst ein.
Es sind die Schloßbauten der Krone, um die sich das Kunst-
schaffen des Zeitalters sammelt. Der neue Geschmack forderte die
Umwandlung der düsteren Burganlagen des Mittelalters in be-
quemere und heiterere Wohnungen, aber noch lange behauptete sich
die mittelalterliche Überlieferung in der Unregelmäßigkeit des
Grundrisses, in dem allseitig dicht geschlossenen Baublock, in den
mächtigen unaufgelockerten und ungegliederten Mauermassen, in
den bastionsartigen Ecktürmen. Dagegen nehmen die Zierformen
der Renaissance von Portalen, Fenstern, Erkern, Giebeln Besitz,
die Kurven behäbiger Turmhelme geben dem schwergelagerten
Baukörper einen gelassenen Auftrieb, und die Innenräume, mit
schmuckvollen Paneelen und Decken, mit Malereien und Gobelins
ausgestattet, kleiden sich in die Behaglichkeit der neuen Formen.
Es bildet sich durch die Begegnung der Stile zweier Zeitalter ein
malerisch reizvoller, launenhaft überraschender Mischstil, durch den
Gustav Wasas bedeutendster Bau, das 1537 bis 1544 von ihm
erneuerte Schloß Gripsholm am Mälar, sein Gepräge empfangen hat.
Auch die Umgestaltung von Vadstena hat bereits Gustav Wasa
begonnen, aber die Baugeschichte dieses Schlosses zog sich bis ins
erste Viertel des 17. Jahrhunderts hinaus, und so hat sich hier der
Stil der Renaissance in Gliederungen und Verhältnissen, sowie be-
sonders auch in der geräumigen Entfaltung der Treppenanlagen
bereits reiner und freier entfalten können. Johanns III. Haupt-
unternehmung war die Umgestaltung des altberühmten Schlosses
zu Kalmar, an der der von ihm berufene Dominicus Pahr den Haupt-
anteil hat. Er gehörte jener merkwürdigen, ursprünglich aus der
Lombardei stammenden Familie an, deren Weg nach dem deutschen
Osten und Norden August Hahr verfolgt hat; das Piastenschloß zu
Brieg und Teile des Güstrower Schlosses sind Werke von Mitgliedern
dieser Familie. In Kalmar weisen die Portale und Türumrahmungen,
weist der heitere Schloßbrunnen, den Dominicus Pahr zusammen
mit Roland Mockle geschaffen hat, in der strengen Anmut und der
feinen Profilierung der Formen noch auf den Zusammenhang mit