1. Renaissance in Schweden
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der oberitalienischen Renaissance hin — hier ist Schweden zum
ersten Male in nähere Berührung mit dem Mutterlande des neuen
Stils getreten.
Sonst aber waren es ganz vorwiegend Deutschland und die Nieder-
lande, die die Stilformen bestimmten und die Künstler lieferten.
Villem Boy aus Antwerpen war Johanns III. bevorzugter Architekt
und leitete die Bauarbeiten am Stockholmer Schlosse; von Hause
aus Bildhauer, schuf er die Grabdenkmäler für'Gustav Wasa und
für einige andere Mitglieder der Königsfamilie im Dome zu Upsala.
Die Hauptmasse der Künstler aber stellte Deutschland, und zwar
kamen sie aus allen Teilen des Reiches, aus Schlesien und dem
Rheinlande, aus Franken und Westfalen. Es waren Baumeister,
Bildhauer, Holzschnitzer, Maler. Stilistisch jedoch war der hollän-
dische Einfluß, der ja auch im Nachbarlande Dänemark — und so
auch in der damals noch zu Dänemark gehörigen Provinz Schonen —
der Kunst Christians IV. die Form gab, der vorwaltende. In Stock-
holm, das ursprünglich das Gesicht einer norddeutschen Hansestadt
getragen hatte, entstanden stattliche Häuser in holländischer Spät-
renaissance; das besterhaltene Beispiel ist das 1645—47 errichtete
Lehusensche, später Petersensche Haus: Backsteinbau mit Sockel,
Rahmen und Ziergliedern in Sandstein, reich dekorierte Treppen-
giebel, plastisch schwellendes Doppelportal mit üppigem Figuren-
und Ornamentschmuck, dessen Tektonik bereits barockes Form-
gefühl lockert. Ein Holländer, Peter Nikolaus de Kempe, wurde
berufen, um der neuen Stadt Gestalt zu geben, die Gustav Adolf
1619 an der Mündung des Göta-Elfs gründete; die durch die amt-
lichen Baupläne von 1640 und 1642 erfolgende Übertragung des
in Gotenburg angewandten rechtwinklig-geradlinigen Straßen-
systems entschied über das stadtbauliche Schicksal Stockholms:
an den mittelalterlich gewachsenen Stadtkern „zwischen den
Brücken“ setzten sich im Norden und im Süden konstruierte Re-
naissancestädte an, die die Erhebungen des Geländes umgingen und
im ferneren Verlaufe der Bebauung nach und nach abschliffen.
Bemerkenswert ist dabei die straffe Organisation, die man bereits
damals dem öffentlichen Bauwesen in Schweden gab: 1639 wurde
der Posten eines Hofarchitekten geschaffen, der zuerst dem aus
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der oberitalienischen Renaissance hin — hier ist Schweden zum
ersten Male in nähere Berührung mit dem Mutterlande des neuen
Stils getreten.
Sonst aber waren es ganz vorwiegend Deutschland und die Nieder-
lande, die die Stilformen bestimmten und die Künstler lieferten.
Villem Boy aus Antwerpen war Johanns III. bevorzugter Architekt
und leitete die Bauarbeiten am Stockholmer Schlosse; von Hause
aus Bildhauer, schuf er die Grabdenkmäler für'Gustav Wasa und
für einige andere Mitglieder der Königsfamilie im Dome zu Upsala.
Die Hauptmasse der Künstler aber stellte Deutschland, und zwar
kamen sie aus allen Teilen des Reiches, aus Schlesien und dem
Rheinlande, aus Franken und Westfalen. Es waren Baumeister,
Bildhauer, Holzschnitzer, Maler. Stilistisch jedoch war der hollän-
dische Einfluß, der ja auch im Nachbarlande Dänemark — und so
auch in der damals noch zu Dänemark gehörigen Provinz Schonen —
der Kunst Christians IV. die Form gab, der vorwaltende. In Stock-
holm, das ursprünglich das Gesicht einer norddeutschen Hansestadt
getragen hatte, entstanden stattliche Häuser in holländischer Spät-
renaissance; das besterhaltene Beispiel ist das 1645—47 errichtete
Lehusensche, später Petersensche Haus: Backsteinbau mit Sockel,
Rahmen und Ziergliedern in Sandstein, reich dekorierte Treppen-
giebel, plastisch schwellendes Doppelportal mit üppigem Figuren-
und Ornamentschmuck, dessen Tektonik bereits barockes Form-
gefühl lockert. Ein Holländer, Peter Nikolaus de Kempe, wurde
berufen, um der neuen Stadt Gestalt zu geben, die Gustav Adolf
1619 an der Mündung des Göta-Elfs gründete; die durch die amt-
lichen Baupläne von 1640 und 1642 erfolgende Übertragung des
in Gotenburg angewandten rechtwinklig-geradlinigen Straßen-
systems entschied über das stadtbauliche Schicksal Stockholms:
an den mittelalterlich gewachsenen Stadtkern „zwischen den
Brücken“ setzten sich im Norden und im Süden konstruierte Re-
naissancestädte an, die die Erhebungen des Geländes umgingen und
im ferneren Verlaufe der Bebauung nach und nach abschliffen.
Bemerkenswert ist dabei die straffe Organisation, die man bereits
damals dem öffentlichen Bauwesen in Schweden gab: 1639 wurde
der Posten eines Hofarchitekten geschaffen, der zuerst dem aus